Joint Cooperation 2020

Eine der wichtigsten Regeln der Public Affairs lautet: Keep it short and simple (KISS). Das bedeutet, dass Sachverhalte kurz und auch für Laien verständlich formuliert werden müssen. Doch funktioniert das, wenn SoldatInnen aus unterschiedlichen Nationen gemeinsam mit der Zivilbevölkerung in einem fremden Land zusammenarbeiten müssen? Was für eine Rolle spielt das für die zivil-militärischen Zusammenarbeit des CIMIC-Commands? Und was ist das eigentlich? Das fanden die beiden ObserverInnen des BSH bei der diesjährigen NATO Übung JOINT COOPERATION heraus.

Ein Teilnehmer der Übung beantwortete diese Fragen so: CIMIC sei die Tür zwischen militärischen und zivilen Kräften. Es stellt den Kontakt zu zivilen PartnerInnen vor Ort her und ermöglicht somit die Kooperation zwischen relevanten militärischen und zivilen AkteurInnen unter einem übergeordneten Ziel: Deeskalation. Da dies regelmäßiger Übung bedarf, wird das niedersächsische Nienburg jedes Jahr Schauplatz der größten CIMIC-Übung der NATO mit rund 350 Teilnehmenden aus über 25 Partnerstaaten. Mit dabei: BeobachterInnen des BSH. Geübt wird normalerweise über zwei Wochen anhand eines gleichermaßen dynamischen wie lange vorbereiteten Übungs-Szenarios. Ziel dabei ist es unter anderem, auf multinationaler Ebene die Komplexität eines CIMIC-Einsatzes abzubilden, gemeinsame Abläufe zu optimieren oder den Umgang mit spontanen Ereignissen innerhalb des Szenarios zu üben. Normalerweise. In diesem Jahr galt für das Multinational Civil-Military Cooperation Command in Nienburg Covid-bedingt das, was auch die Arbeit des BSH seit dem Frühjahr bestimmt: Weg von der physischen Praxis hinein ins Digitale. Die beiden ObserverInnen des BSH wurden daher in diesem Jahr Zeugen der ersten ausschließlich digitalen JOINT COOPERATION.

 

Im Fokus der diesjährigen Übung stand, im Gegensatz zu den vergangenen Jahren, kein breites Übungs-Szenario, sondern der Erfahrungsaustausch der einzelnen Teilnehmerstaaten im Umgang mit der aktuellen Covid-Lage in den eigenen Ländern. Dabei ging es zunächst um die Fragen, in welchem Umfang und mit welchen Aufgaben militärische Kräfte in den einzelnen Staaten zur Bewältigung der Covid-Krise eingesetzt wurden und inwiefern dabei auf Erfahrungen des CIMIC-Bereiches zurückgegriffen werden konnte. Anschließend wurden den Teilnehmenden anhand von best-practice-Beispielen aufgezeigt, wie CIMIC im Umgang mit möglichen zukünftigen Pandemien beitragen kann: Mit umfangreicher Vorbereitung, erhöhter Medienpräsenz, guter Koordination und Vernetzung mit lokalen zivilen AkteurInnen sowie stetigem internationalen Austausch.

 

Entscheidend für jede CIMIC-Mission ist die Versorgung mit verlässlichen Informationen sowie die Kommunikation innerhalb der zivil-militärischen Einsatzkräfte. Daher geht jedem Einsatz eine gründliche Vorbereitung voraus. Jedoch kann es jederzeit zu einer Lageänderung kommen, die eine neue Ausgangssituation schafft. Deshalb ist ein umfassender Überblick wichtig, um Agieren zu können, anstatt Reagieren zu müssen. Um dies zu gewährleisten, stellt das Multinational Reachback Network (MRN) detaillierte Informationen auch zu kurzfristigen Anfragen zusammen und versorgt so die Einsatzkräfte mit den nötigen Hintergrundinformationen. Alle verfügbaren Informationen werden darüber hinaus in der digitalen CIMIC Information Database (CIMD) zentral gesammelt, geordnet und bei Bedarf bereitgestellt. Wie genau die CIMD funktioniert wurde uns anhand praktischer Beispiele demonstriert.

 

Neben der Kommunikation innerhalb von CIMIC ist vor allem die Präsenz in öffentlichen Medien auf lokaler wie auch auf überregionaler Ebene ein Schlüsselelement erfolgreicher CIMIC-Arbeit. Dafür ist eine gute Vorbereitung, etwa auf stressige Interview-Situationen, entscheidend, da einzelne Formulierungen unter Umständen eine unbeabsichtigte Wirkung entfalten können. Dieses Bewusstsein schärften die ObserverInnen in einem individuellen Medien- Training. 

 

Ein kleiner praktischer Teil fand trotz räumlicher Trennung der Teilnehmenden statt: In einem virtuellen CIMIC Simulation mussten die Teilnehmenden auf eine sich ständig wandelnde, fiktive Pandemielage in einem westafrikanischen Land reagieren und unter Zeitdruck die sich verändernde Situation anhand der sieben Grundanforderung an den Zivilschutz, den sogenannten „baseline requirements“, einordnen und bewerten. Wie beständig ist die Nahrungs- und Wasserversorgung unter den neuen Umständen? Ist die Infrastruktur verlässig und nutzbar? Und welchen Einfluss haben diese Veränderungen auf die Mission? Die ausschließlich virtuelle Verbindung verschiedener Teams, die in ihren jeweiligen Heimatländern gemeinsam an der Bewältigung der gleichen Krisenlage arbeiten, stellte dabei für alle Beteiligten eine Herausforderung, aber auch ein willkommenes Training dar.

 

Dieses Jahr stellte und stellt uns alle vor besondere Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund möchten wir uns herzlich beim Multinational Civil-Military Cooperation Command in Nienburg bedanken. Insbesondere die umfassende Betreuung durch die zivilen wie auch militärischen Mitarbeitenden des CIMIC-Command ermöglichte zahlreiche spannende Einblicke in die Aufgabenbereiche der zivil-militärischen Kooperation und machte die Teilnahme zu einer unvergesslichen Erfahrung.