Dr. Iroulo erklärte, dass der Hauptgrund für die Gründung der Vorgängerin der Afrikanischen Union, der Organisation für Afrikanische Einheit, ein inneres Erwachen durch äußere Einflüsse gewesen sei. Viele Veteranen des Zweiten Weltkriegs seien nach dem Krieg mit einem neuen Verständnis von Gleichheit nach Hause auf den Kontinent zurückgekehrt. Andere waren zum Studium im Ausland. Mit ihnen brachten sie die Ideen des Pan-Afrikanismus, der Freiheit für alle Afrikaner und Afrikanerinnen sowie des Ende des Kolonialismus und der Apartheid auf den Kontinent.
Nach einem kurzen Einblick in die komplexe institutionelle Struktur der AU erläuterte Dr. Iroulo die afrikanische Friedens- und Sicherheitsarchitektur. Deren Hauptaufgabe sei die Bewältigung der anhaltenden Konflikte auf dem afrikanischen Kontinent. Sie sei jedoch durch rechtliche Fragen und die ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen stark eingeschränkt. Ein wichtiger Pfeiler der Afrikanischen Friedens- und Sicherheitsarchitektur sei der Friedens- und Sicherheitsrat. Er besteht aus 15 Mitgliedern, die für zwei oder drei Jahre gewählt werden. Die 15 Sitze werden auf die Regionen West-, Nord-, Ost-, Süd- und Zentral-Afrika im Rotationsverfahren und unter Berücksichtigung der Größe aufgeteilt. Der Rat verfügt über beratende Nebenorgane wie den Militärstabsausschuss und den Expertenausschuss. Zudem arbeitet er mit vielen regionalen und internationalen Institutionen und Akteuren zusammen.
Es ist zwar nicht einfach die Effektivität der AU und ihrer Institutionen richtig einzuschätzen, jedoch identifizierte Dr. Iroulo einige Stärken und Schwächen der Union. Die AU stehe für eine kollektive, solidarische und einstimmige Entscheidungsfindung. Damit ermögliche sie es den afrikanischen Staaten, in der Weltpolitik mit einer Stimme zu sprechen und sich aktiv für eine Aufstockung der Mittel für UN-Friedensmissionen in Afrika einzusetzen. Innenpolitisch betrachtet reguliere die AU das Verhalten der Staaten und habe viele bahnbrechende Verträge ermöglicht sowie zur Setzung von Normen beigetragen.
Laut Dr. Iroulo ist es jedoch eine große Schwäche der Organisation, dass sie viele Abkommen und Verträge schließt, deren Implementierung sich anschließend schwierig gestaltet. Die Menschen Afrikas stünden nicht wirklich im Mittelpunkt der Organisation und es mangele an Verantwortlichkeit. Die größte Schwäche und Herausforderung sei die enorme Abhängigkeit von externer Hilfe. Rund 90% des Friedens- und Sicherheitsbudgets der AU bestünden aus ausländischen Mitteln.
Abschließend beschrieb Dr. Iroulo spezifische Bereiche, in denen die AU hervorragende Leistungen erbringe. Einer davon ist die Rechtsstaatlichkeit. Darüber hinaus habe die Union viel zur Weltpolitik beigetragen. 90% der natürlichen Ressourcen seien in Afrika zu finden. Diese Ressourcen seien für jede entwickelte Nation und jede Nation, die danach strebt, eine solche zu werden, von entscheidender Bedeutung. Dr. Iroulo ist davon überzeugt, dass viele internationale Organisationen, insbesondere die Vereinten Nationen, von der AU und ihrem Ansatz einer fairen und gerechten Vertretung ihrer Mitgliedstaaten lernen könnten.
Zum Schluss öffneten wir die Veranstaltung für Fragen. Mit gezielten und hochinteressante Fragen erfuhren unsere Teilnehmenden mehr über die AU als Institution, ihre Rolle in der Weltpolitik, zukünftige Projekte und Entwicklungen sowie über Ihre Beziehung zur Volksrepublik China.
Wir bedanken uns bei Dr. Iroulo, dass Sie unser Verständnis von der Afrikanischen Union und der Afrikanische Friedens- und Sicherheitsarchitektur erweitert hat. Unseres nächstes Online-Seminar findet am 10. September, von 17:00 bis 18:30, mit Dr. Christina Kohler zum Thema Klima und Sicherheit statt.