Rechte, Repräsentanz, Ressourcen - Stammtisch mit Input zu Deutschlands Feministischer Außenpolitik

Stammtisch mit Input zur Feministischen Außenpolitik am Frankfurter Mainufer mit Blick auf die Skyline. Copyright © FAUST

Rechte, Repräsentanz, Ressourcen - darüber haben wir als Fachgruppe am 30. Mai 2023 im Rahmen eines am Frankfurter Mainufer stattgefundenen Stammtisches mit Input zu Deutschlands Feministischer Außenpolitik und zu den dazu vorgestellten Leitlinien des Auswärtigen Amtes (AA) gesprochen. Denn, wie bereits im Koalitionsvertrag angekündigt, verfolgt Deutschland seit Regierungswechsel einen Feministischen Blick auf die Gestaltung seiner Außenpolitik. Dabei geht es keinesfalls um die Bevorzugung von Frauen oder marginalisierten Gruppen, sondern vielmehr um ihre Inklusion in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Das Ziel - eine Außenpolitik für alle. Doch was ist unter Feministische Außenpolitik zu verstehen? Was kann sie leisten und wo liegen ihre Grenzen? Diesen Fragen sind wir im Zuge unseres Stammtisches bei Getränken, Snacks, einem kurzen Input zur Thematik von der FAUST-Vorstandsvorsitzenden und einer Diskussionsrunde nachgegangen.

 

Von einer Selbstverständlichkeit hinsichtlich des Vorhandenseins der drei R's bezüglich Frauen und marginalisierten Gruppen könne kaum die Rede sein, so der Konsens innerhalb unserer Diskussionsrunde. Denn obgleich Friedensübereinkommen unter der Beteiligung von Frauen und marginalisierten Gruppen nachhaltiger zu sein scheinen, so werden diese im Bereich der Friedens- und Sicherheitspolitik kaum in internationale Friedensprozesse einbezogen.

 

Dass Frauen von jeglicher Art von Konflikten und von Unsicherheiten besonders betroffen sind, zeigt sich gleichermaßen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Im Zuge des Krieges nehmen Frauen unterschiedlichste Rollen ein: Sie sind primär Geflüchtete, Garantinnen der Versorgung der kämpfenden Truppen, Opfer der mangelnden Gesundheitsversorgung oder auch Opfer sexualisierter Gewalt, die gezielt als Waffe und als Teil der Kriegsstrategie gegen Frauen eingesetzt wird. Des Weiteren scheint es so, als ob der Klimawandel in Geschlecht unterteilt. Im Globalen Süden sind Frauen besonders anfällig für die Folgen des Klimawandels und für Naturkatastrophen, denn um die Wasserversorgung ihrer Familie bei Dürreperioden zu garantieren, müssen diese unter anderem längere, gefährlichere Wege zurücklegen. Zugleich besitzen Frauen in einigen Ländern nicht denselben sozialen Status, sodass ihnen nicht derselbe Zugang zu wirtschaftlicher Autonomie und Absicherung möglich ist.

 

All jenen Problemen möchte Deutschland mit der Umsetzung seiner Feministischen Außenpolitik begegnen. Doch wie sieht ihre Ausgestaltung aus? Die Leitlinien des AA geben anhand einer Vielzahl von Praxisbeispielen einen strukturierten Überblick über die Realisierung der drei R's. Neben der aktiven Einbeziehung von Frauen bei Friedensverhandlungsprozessen gemäß der UN-Agenda „Frauen, Frieden, Sicherheit“, sollen gleichermaßen intersektionale und geschlechterspezifische Risiken beim Krisenmanagement und bei humanitärer Hilfe berücksichtigt werden. Ein zentrales Mittel des AA ist das Gender-Budgeting bei Förderprojekten, dass die zielgerechte Nutzung der finanziellen Mittel garantieren soll, ähnlich wie es in der Entwicklungspolitik bereits praktiziert wird. Um mit gutem Beispiel voranzugehen, strebt dass AA neben der Neuausrichtung der Außenpolitik die Umsetzung ihrer Prämisse und Ziele im eigenen Haus an. Der interne Wandel wurde seitens der Diskussionsteilnehmer sehr begrüßt.

 

Doch was kann die Feministische Außenpolitik leisten? Die Antwort ist Sichtbarkeit, Awareness und gleichberechtigte Teilhabe. Es geht zum einen darum, die unterschiedlichen Lebenswelten anzuerkennen sowie bei erheblichen Menschenrechtsverletzungen wie im Iran oder auch in der Ukraine nicht wegzuschauen und sie auf EU- und internationaler Ebene gemeinschaftlich zu sanktionieren. Zum anderen soll Benachteiligung auf unterschiedlichsten Ebenen abgebaut und Inklusion ermöglicht werden.

 

Feministische Außenpolitik stelle keine Zauberformel dar, wie bereits Außenministerin Annalena Baerbock zu Beginn der Vorstellung der Leitlinien betonte. Schwierigkeiten würden sich bei starren Systemen ergeben, die Frauen somit nur zur Wahrung des Scheins beteiligen würden, so ein Diskussionsteilnehmer. Auch wird die neue Ressortausrichtung weiterhin kontrovers diskutiert, ihre aktive Umsetzung nach einem möglichen Regierungswechsel 2025 ist unklar. Vor allem führt der Begriff Feministische Außenpolitik in einigen politischen Kreisen in Deutschland weiterhin zu Aufschrei. Doch wenn mit feministisch Gleichstellung gemeint ist – wer sollte schon etwas dagegen haben?