Turn of an era for the Islamic Republic of Iran? Vortag & Diskussionsrunde in Erfurt

Am 19. Juni 2023 veranstaltete die Hochschulgruppe Internationale Sicherheitspolitik (Erfurt) in Kooperation mit dem Fachschaftsrat der staatswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Erfurt eine Informationsveranstaltung mit anschließender Diskussion über den aktuellen Stand und Zukunftsaussichten des Irans.

Zu diesem Anlass durften wir mit Nagapushpa Devendra sprechen, welche aktuell an der Universität promoviert und sich intensiv mit innen- und außenpolitischen Angelegenheiten des Irans und derer Partnerschaft mit der Republik China, betrachtet aus dem Prisma der USA, beschäftigt. Es moderierte Mette Schacht.Zu Beginn hielten drei Mitarbeiterinnen des Fachschaftsrates Staatswissenschaften einen kurzen Vortrag mit Hintergrundinformationen über den Iran, bezüglich der Geschichte, des politischen Systems, der wirtschaftlichen Lage, und den Hintergründen sowie dem aktuellen Stand der Proteste. Hierbei wurde auch ein Fokus auf die Rolle der sozialen Netzwerke und die jeweiligen Reaktionen des Regimes gelegt.

 

Im Anschluss dessen führte Frau Devendra die in der Präsentation aufgegriffenen Thematiken fort und erlaubte dem Publikum einen tieferen Einblick in die Geschichte des Irans, mit Fokus auf die Islamische Revolution und den damaligen Zustand der iranischen Gesellschaft. Hierbei ist nennenswert, dass vergangenheitlich durchaus progressivere, liberalere Staatsoberhäupter regierten, welche jedoch unpopulär in der Bevölkerung waren und im Verlauf der Entwicklung die ‘Supreme Leader’ konservativer wurden und sich verstärkt der Scharia zuwendeten. Des Weiteren ging Frau Devendra auf die Rolle verschiedener ethnischer Gruppen ein, beispielsweise den kurdischen Bevölkerungsteilen, und deren Rolle in der aktuellen Revolutionsbewegung. 

Darüber hinaus berichtete Frau Devendra über strukturelle innenpolitische Maßnahmen der iranischen Regierung, unter anderem die Auflösung der Sittenpolizei, und deren Bedeutung für die Revolutionsbewegung und die Zukunft des iranischen Staates. Nach aktuellem Stand sieht diese einen resultierenden Systemwechsel als unwahrscheinlich an, sondern konträr und als Reaktion der Instabilität seien die Aussichten auf einen zunehmenden Konservatismus und damit einhergehende innenpolitische Stabilität groß. 

Zum Abschluss dieses Themenblocks beantwortete Frau Devendra Publikumsfragen, unter anderem wie Irans Nachbarstaaten die Revolutionsbewegung einordnen, selbst handeln und ob eine existentielle Gefahr einer grenzüberschreitenden Revolution besteht. 

 

Im weiteren Verlauf verlagerte sich der Themenschwerpunkt auf außenpolitische Angelegenheiten des Irans, dessen Beziehungen zu Staaten im Nahen Osten und Irans Vormachtstellung. Zunächst stellte Frau Devendra staatliche Hauptakteure für Außenpolitisches dar und elaborierte deren Aktivitäten und Einfluss im Nahen Osten, wie beispielsweise die ‘Islamic Revolutionary Guard Coprs’. Des Weiteren wurden ökonomische, militärische, ideologische und diplomatische Beziehungen zu dominanten Staaten im Nahen Osten analysiert, mit Schlüsselfiguren wie Saudi-Arabien, Israel, Syrien etc. 

Außerdem ermöglichte Frau Devendra den Anwesenden einen Einblick in Irans facettenreiche Beziehungen zu ausländischen nicht-staatlichen Akteuren und Milizgruppen, beispielsweise der Hezbollah im Libanon und den Houthi in Jemen, und die Auswirkungen dieser Partnerschaften zu Staaten in der Region. Grundsätzlich verknüpfte Frau Devendra vergangene Ereignisse mit aktuellen politischen Entwicklungen, so auch die kürzlich aufgenommenen Verhandlungen mit Saudi-Arabien und den USA. In diesem Rahmen spielte die Problematik der Nuklearwaffen und regionale wie auch globale Auswirkungen eine besondere Rolle. So wurde einerseits die Bedrohungslage und andauernden Spannungen dargestellt und andererseits welche Konsequenzen aktuelle Verhandlungen mit Akteuren wie den USA und Saudi-Arabien haben werden. Hierbei wurde auch auf die Rolle Chinas und Russlands verwiesen und der aktuelle Wettbewerb um militärischen, diplomatischen und nuklearen Einfluss im Iran zwischen den Großmächten (inkl. USA). So helfe China Iran bei der Sanktionsumgehung und als Mediator bei Verhandlungen zwischen Iran und Saudi-Arabien. Hierbei sei es zentral, dass der Iran geographisch sowohl auf der neuen Seidenstraße als auch auf dem Nord-Süd-Transportkorridor liegt und somit eine wichtige Rolle für den globalen Handel und besonders China spiele. Als Konsequenz hieraus leitete Frau Devendra ab, dass trotz der innenpolitischen Unsicherheiten, welche gerade aufgrund des Transformationsprozesses und den andauernden Protesten, Iran zukünftig die Vormachtstellung regional wie global ausbauen wird. 

 

Insgesamt bedanken sich die HSG Internationale Sicherheitspolitik und der Fachschaftsrat der staatswissenschaftlichen Fakultät an der Uni Erfurt bei Frau Devendra für die angeregte Debatte und den sehr interessanten Einblick in innen- wie auch außenpolitische Angelegenheiten des Irans und den Nahen Osten, welche trotz geopolitischer Bedeutung erst durch die Proteste wieder wirklich Teil der öffentlichen Debatte wurde und wozu diese Veranstaltung einen kleinen Beitrag leistete.