Sicherheitspolitik auf allen Kanälen – Deutschland als geforderter Partner in der Welt

Internationale Krisen und die inneren Entscheidungsprozesse deutscher Außen- und Sicherheitspolitik, darüber diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der XXVIII. Sicherheitspolitischen Grundakademie des Bundesverbandes Sicherheitspolitik an Hochschulen über vier Tage in Berlin.

 

Die Seminarteilnehmer/innen nach der Audienz beim Botschafter der Republik Jemen (©BSH)

Workshopdiskussion zu Eskalationsszenarien im Falle eines Scheiterns des Nukleardeals mit dem Iran (©BSH)

Sebastian Nieke und Dr. Ulf Brüggemann von der BAKS referieren zur Motivation dschihadistischer Gewalttäter (©BSH)

“Relations between Yemen and Germany are very strong and deep in history and from this prospective you can presume what we in Yemen expect from our friend in Germany in this difficult time“. Mit diesen Worten schließt der Botschafter der Republik Jemen sein statement an die Besuchergruppe. Das Land, welches er vertritt,w befindet sich bereits seit 2004 in einem andauernden Konfliktzustand zwischen von Iran gestützten Houthi-Rebellen, einer desertierten Armee unter Befehl des ehemaligen Präsidenten Ali Abdullah Saleh, dem lokalen Al-Qaida Ableger und einer von Saudi Arabien geführten Militärintervention. Dabei führte der Botschafter  den Akademieteilnehmern vor Augen, wie schwierig die äußere Einwirkung zur Konfliktbefriedung sein kann. Er zeichnete ein umfangreiches Bild des Krieges im Jemen, wo es nach ihm nur die Wahl zwischen klandestinen Herrschaftsbereichen radikalislamistischer Warlords oder einer vereinten jemenitischen Nation mit gemeinsamer Verfassung geben könne. Bei kritischen Fragen zu zivilen Verlusten in Anti-Terror-Operationen der Militärallianz, wurde die Gruppe auf die heterogene Zusammensetzung der Militärallianz verwiesen, auf welche die jemenitische Regierung trotz deren Kompetenzüberschreitungen angewiesen sei. Deutschland solle hingegen als diplomatischer Vermittler mit dem Iran auftreten. Jedoch stehe die jemenitische Botschaft als solche auch innerhalb Deutschlands vor Herausforderungen. So seien die Konten hunderter jemenitischer Studenten durch die Banken eingefrorenen worden.

 

Die Auseinandersetzung mit dem Iran als lokale Hegemonialmacht spielte auch in den ersten Tagen der Akademie eine große Rolle. Azadeh Zamirirad, Wissenschaftlerin an der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), gab in einem Vortrag Ausblicke zu den Erfolgschancen des Nukelardeals mit Teheran. Zamirirad erläuterte dabei eindrücklich, dass die Chancen auf eine langfristige diplomatische Entspannung mit Teheran potenzielle Gefahren im Zuge der Aufhebung der Sanktionen aufwiegen könnten. Dennoch müsse Deutschland als Vertragspartei auch im eigenen Interesse über eine strikte Einhaltung des Abkommens wachen. Mögliche Reaktionen auf einen Bruch des Abkommens hatten die Teilnehmer zuvor in Arbeitsgruppen unter Anleitung von Henning Walravens diskutiert.

 

Ziel des Workshops war es, komplexe sicherheitspolitische Problemstellungen, in diesem Fall ein drohender Konfliktzustand mit dem Iran, auf die wesentlichen diplomatischen Handlungsoptionen für politische Entscheidungsträger strategisch und taktisch aufzuarbeiten. Abgerundet wurde der sicherheitspolitische Blick auf die MENA-Region durch den Besuch der Botschaft des Staates Israels. Dabei verwies der Diplomat der Abteilung für öffentliche Kommunikation darauf, wie eng vernetzt in Israel Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Militär in ihren eigenen Segmenten Arbeiten würden. Gleichzeitig solle der Fokus auf das Land weniger auf Konflikte und Krisen und verstärkt auf die kooperativen Möglichkeiten zur Entwicklung der Region gelegt werden.

 

An der Bundesakademie für Sicherheitspolitik erhielten die Studierenden nicht nur Einblick in Auftrag, Struktur und Arbeit der BAKS sondern auch über die Herausforderungen der sicherheitspolitischen Kommunikation im öffentlichen Diskurs. „Wie vermitteln Sie eine politische Selbstverständlichkeit die im öffentlichen Diskurs als problematisch gilt?“ fragte Sebastian Nieke, Redakteur an der Akademie. Im Anschluss ermittelte Dr. Ulf Brüggemann, Entsandter des Bundeskanzleramts und Terrorismusexperte der BAKS die Motivation dschihadistischer Gewalttäter sinnbildlich zwischen Machiavelli, religiösem Eifer und TV-Zombies.

 

Einen thematischen Schwerpunkt auf die deutsche Rolle in den NATO-Russlandbeziehungen legte ein Vertreter des Referates Pol I 3 beim Vortrag im Bundesministerium der Verteidigung. In angespannten politischen Lagen müssten alternative Kommunikationskanäle zu Moskau offen gehalten werden, gerade wenn auf offiziell diplomatischen Wegen Konfrontationen vorherrschten. Das auch die Kommunikation innerhalb des Verteidigungsbündnisses vor Herausforderungen stehe, sehe man an der 2%-Prozent Diskussion der Verteidigungsausgaben, die, durch Donald Trump angestoßen, besonders in Deutschland Kontroversen ausgelöst habe. „Deutschland erfüllt seine partnerschaftlichen Verpflichtungen im Bündnis, bloße Orientierung am BIP sind dabei nicht aussagekräftig.“, stellte der Referent fest.

 

Die Frage wie auch die anstehenden französischen Präsidentschaftswahlen eine sicherheitspolitische Relevanz beinhalten, verdeutlichte der Vortrag von Julie Hamann von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) über die Zukunft der EU-Integration. Einblicke in die inneren Dynamiken deutscher Ministerialarbeit lieferte darüber hinaus Dr. Stephan Böckenförde vom Zentrum Informationsarbeit der Bundeswehr mit einem Vortrag zu Herausforderungen und Perspektiven der deutschen Sicherheitspolitik.

 

Hintergrund

Die Sicherheitspolitische Grundakademie ist das viertägige Einführungsseminar des BSH in das Themengebiet Sicherheitspolitik. Sie findet dreimal jährlich in Berlin statt. Die nächsten Termine sind vom 24. bis 27. Juni sowie vom 23. bis 26. September.