30 Sicherheitspolitische Grundakademien: Von der thematischen Öffnung bis zur digitalen Feuerwehr

Vor 13 Jahren und 8 Monaten war es soweit: die erste Sicherheitspolitische Grundakademie der damaligen Bundesarbeitsgemeinschaft Studierender Reservisten (BSR) startete am 6. März 2004 in Berlin. Damit begann eine Erfolgsgeschichte für den Verband, die sich bis heute fortsetzt. Ende September fand jetzt in Berlin die 30. Auflage des Seminars statt.

 

Seit vielen Jahren der Startvortrag: Dr. Stephan Böckenförde erläutert Perspektiven deutscher Sicherheitspolitik (©BSH)

Teilnehmer/innen der 30. Grundakademie im Tagungsraum (©BSH)

Leonard Wessendorff und sein Nachfolger als Bundesvorsitzender des BSH, Jan Fuhrmann, im Gespräch über den beruflichen Einstieg in die Politikberatung (©BSH)

Johannes Sauerland erarbeitete mit den Teilnehmer/innen grundlegende Konzepte der Sicherheitspolitik (©BSH)

Gruppendiskussion zu Grundbegriffen der Sicherheitspolitik (©BSH)

Arbeitsgruppe diskutiert Theorien der Internationalen Beziehungen (©BSH)

Ein Teilnehmer stellt die Ergebnisse seiner Arbeitsgruppe vor (©BSH)

Dr. Raphael Bossong von der Stiftung Wissenschaft und Politik (©BSH)

Besuch in der japanischen Botschaft (©BSH)

Gruppenfoto beim Besuch im Verteidigungsministerium (©BSH)

Bis 2004 führte die damalige BSR viermal jährlich sogenannte Themenseminare durch. Um jedoch ein breiteres Publikum anzusprechen, entschloss sich der damalige Bundessprecherrat, ein themenübergreifendes Seminar anzubieten und so eine gemeinsame Wissensbasis sowohl für Mitglieder als auch alle Interessierten zu ermöglichen. Schon damals zeichnete sich ab, was mit der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 Realität wurde: immer mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer verloren den persönlichen Bezug zu der Bundeswehr. Diesen Entwicklungen wurde auch in der BSR begegnet und so erfolgte im November 2005 die Umstrukturierung und Umbenennung in den Bundesverband Sicherheitspolitik an Hochschulen.

 

Diese thematische und strukturelle Öffnung — vor allem auch für Ungediente — muss heute als uneingeschränkter Erfolg gewertet werden. In international scheinbar instabilen Zeiten wie heute ist es aus Sicht des BSH umso wichtiger, einen umfassenden gesellschaftlichen Diskurs über Sicherheitspolitik zu führen. Mit dieser Öffnung konnte ein breites Publikum für die vielen außen- und sicherheitspolitischen Themen erreicht werden, welches heute ca. 7000 Studierende, die vor allem durch die Arbeit der bundesweit 26 Hochschulgruppen erreicht werden, umfasst.

 

Inzwischen sind es 30 Grundakademien geworden, die von ca. 750 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durchlaufen worden sein müssen. 750 Mal intensive Auseinandersetzung mit Sicherheitspolitik über vier Tage hin weg. Das macht 3000 persönliche Einzeltage „Sicherheitspolitik hautnah erleben“, wie die Grundakademie im Jahr 2010 beworben wurde.

 

„Nutzt eure Erfahrungen aus dem Studium, aber seid immer aufgeschlossen für Neues.“

 

Mit dieser historischen Übersicht begrüßte Jan Fuhrmann, Vorsitzender des nun 32. Bundesvorstandes, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie viele Ehemalige, die in den vergangenen Jahren, die Sicherheitspolitischen Akademien des BSH organisiert haben. Anlässlich der nun 30. Grundakademie lud der amtierende Bundesvorstand gemeinsam mit dem Netzwerk Außen- und Sicherheitspolitische Bildung zu einem Jubiläumsabend, der unter anderem ein Kamingespräch mit Leonard Wessendorf, dem Vorsitzenden des 30. Bundesvorstandes, beinhaltete. Die Studierenden und Ehemaligen konnten sich an diesem Abend über die Wege vom Studium in den Beruf austauschen. Heute im Bereich der Politikberatung tätig, riet Wessendorf: „Nutzt eure Erfahrungen aus dem Studium, aber seid immer aufgeschlossen für Neues.“ Einem Motto, dem sich auch die kommenden 30 sicherheitspolitischen Grundakademien des BSH verpflichtet fühlen werden.

 

Wie in den vergangenen Jahren, bot auch die 30. Sicherheitspolitische Grundakademie in Berlin den typischen Aufbau mit den drei grundlegenden Elementen von Expertengesprächen, Einblicken in Sicherheitspolitische Institutionen und der Möglichkeit zur Vernetzung.

 

Experimente wie die Digitalisierung von Bundestagswahlen sollten vermieden werden

 

In erstere Kategorie viel insbesondere das Treffen mit Dr. Sven Herpig von der Stiftung Neue Verantwortung, welcher die Gruppe mit einem Vortrag zum Stand der Sicherheit in der Informationstechnik empfing. Nach ihm sei vor allem die Erkenntnis wichtig, dass die Defensivkräfte im Cyberbereich erweitert werden müssten. In diesem Bereich müssten neben dem Schutz des Staates, wie durch das Cyber-Kommando der Bundeswehr und dem BSI, auch zivile Kräfte zum Schutz von Industrie und Wirtschaft aufgebaut werden. „Meine Vision ist eine digitale Feuerwehr die nach einer Hacking-Attacke gegen kleine Unternehmen vor Ort die Fließbänder wieder zum rollen bringt “, so Herpig. Die Digitalisierung verlange Vorsicht und Mut zugleich, Experimente wie die Digitalisierung von Bundestagswahlen sollten allerdings vermieden werden.

 

Neben ihm sprach auch Dr. Raphael Bossong von der Stiftung Wissenschaft und Politik, zu den Perspektiven europäischer Sicherheitspolitik. Bossong, der sich für eine engere Vernetzung der Europäischen Union und den Bundesbehörden in den Bereichen der Migration und Kriminalität aussprach, trug besonders zur Rationalisierung der Terrorismusdebatte mithilfe der vergangen „Terrorismus-Wellen“ und Vergleichen zu medial vergessenen Wellen bei. Einen Vortrag zur praktischen Anwendbarkeit von Theorien internationaler Politik bot auch Johannes Sauerland vom Geneva Centre for the Democratic Control of Armed Forces mit welchem sich die Gruppe an sicherheitspolitischen Konfliktherden abarbeite. Einen Einblick in die Funktionsweisen des politischen Betriebes erhielten die Teilnehmer darüber hinaus von Dr. Stephan Böckenförde vom Zentrum Informationsarbeit Bundeswehr, welcher wie in den 10 vergangenen Jahren die Wege sicherheitspolitischer Entscheidungsprozesse skizziert und mit tagesaktuellen Geschehnissen, wie einer Bundestagswahl, beleuchtet.

 

Neben den Vorträgen waren auch die Besuche von relevanten Institutionen der deutschen Außen- und Verteidigungspolitik ein konstanter Teil der Akademie. „Einfache Lösungen bekommen Sie nur in Talkshows.“ Mit diesem Vergleich zum Stand der deutschen Verteidigungspolitik empfing Präsident Dr. Karl-Heinz Kamp die Gruppe in der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS). Neben einer ausführlichen Diskussion über die Schwierigkeiten ausgewogener Entscheidungen war auch ein Vortrag zur sicherheitspolitischen Kommunikation und öffentlichem Diskurs Teil des Programms. Einen Regionalen Schwerpunkt legte die Akademie am Folgetag beim Besuch des Bundesministeriums der Verteidigung, für welches Dr. Stefan Klein aus der Abteilung Pol 2 II zu den sicherheitspolitischen Herausforderungen des Konflikts in Syrien und Irak referierte und unter Anderem die Frage der Autonomiebestrebungen der Kurden mit den Studierenden debattierte. Ebenso umfasste die Akademie Besuche der Botschaft von Japan und des Bundesnachrichtendienstes.