Waterworld 2.0: Sicherheitspolitik wird maritim!

Was auf dem Meer geschieht, hat Auswirkungen auf viele Bereiche an Land. Handel, Tourismus, Migration, Kommunikation und Militär sind nur einige Beispiele. Aus diesem Grund beschäftigten sich Heidelberger Studierende beim Vortrag von Fregattenkapitän Axel Schrader (NATO) mit maritimer Sicherheit.

Sophie Witte begrüßt die Teilnehmer und den Referenten Axel Schrader. (©: ASH)

Axel Schrader, Fregattenkapitän der Bundeswehr und Militärischer Assistent des stv. NATO-Oberbefahlshabers, stellt sich und seinen Werdegang vor. (©: ASH)

Auf einer sicherheitspolitischen Reise um die Welt: Axel Schrader sprach maritime Konflikte auf einer gedanklichen Seereise um die Welt an. (©: ASH)

Zu einer sicherheitspolitischen Kreuzfahrt begrüßte Sophie Witte (ASH Heidelberg) am 17. Januar 2018 28 Teilnehmer auf dem Campus Bergheim. Als Referenten hatte sie Axel Schrader, den Militärischen Assistenten des Stellvertretenden NATO-Oberbefehlshabers Europa, gewinnen können. Der ehemalige Kommandant auf einem Minenjagdboot erreichte bei der Bundeswehr den Dienstgrad des Fregattenkapitäns, machte Station im Presse- und Informationsstab des Verteidigungsministeriums und fungierte als UNIFIL-Kontingentführer. Heute befindet sich sein Arbeitsplatz bei Mons in Belgien, im europäischen Militärhauptquartier der NATO.

 

Seinen Vortrag begann Schrader mit einer kurzen Einführung in die Grundlagen maritimer Sicherheit. Dabei stellte er schnell fest: „Weltweit haben die meisten Marinen, vor allem seit 1990, abgebaut.“ Sicherheit auf den Weltmeeren sei aber ein relevantes Thema, gerade auch wegen des rasanten technischen Fortschritts, der zum Beispiel Containerschiffe mit einer Transportkapazität von 20000 Standardcontainern hervorgebracht hat. Abseits des wirtschaftlichen Nutzens beherbergten diese Schiffe allerdings ein enormes Gefahrenpotenzial. Denkbar seien terroristische Entführungen und die Nutzung als „schwimmende Bomben“. Darüber hinaus ist Cybercrime auch auf dem Wasser anzutreffen, so hatte die Reederei Maersk mit dem Erpressungstrojaner Petya zu kämpfen. Das sich – je nach nautischer Position auf dem Globus – die Sicherheitsrisiken und politischen Konflikte aber stark unterscheiden, verdeutlichte Schrader mit einer metaphorischen Reise zu den internationalen Hotspots maritimer Sicherheit.

 

Den ersten Zwischenhalt machte er am Horn von Afrika, wo Lösegeld-Piraterie ein zentrales Problem für die Schifffahrt durch den Golf von Aden und den Indischen Ozean darstellt. Mit einem Ausschnitt aus dem Film „Captain Phillips“ veranschaulichte Schrader gleichermaßen die kostengünstigen aber effektiven Schnellboot-Taktiken somalischer Piraten als auch, abgesehen von der Gefahr der Tötung oder schwerer Verletzungen, den emotionalen Stress, dem Schiffsbesatzungen bei einer Geiselnahme ausgesetzt sind. 2009 gab es im Entführungsfall der Hansa Starvanger anfangs zwischen Kampfschwimmern und GSG9 noch Streitigkeiten über die Zuständigkeit. Heute ist die Pirateriebekämpfung vor der Küste Somalias durch EU- und NATO-Operationen stark institutionalisiert, laut dem Referenten ist sie sogar zur am weitesten ausgebauten Fähigkeit der deutschen Marine geworden.

 

Dem Ausbau von Fähigkeiten widmete sich auch die chinesische Marine, die 2012 ihren ersten Flugzeugträger in den Dienst genommen hat. Er dürfte auch als ein willkommenes Machtinstrument zur Grenzerweiterung im südchinesischen Meer dienen: Solange dort Ansprüche nicht völkerrechtlich klar geregelt seien, setzten die Chinesen das Aufschütten von Inseln und Bauen von Marinestützpunkten fort, meint Schrader. Kleinere Anrainerstaaten könnten dagegen nichts ausrichten und suchten sich eine Schutzmacht, wobei die Wahl in der Regel auf die USA fiele. Diese sei auch aktuell noch die einzige echte Seemacht. Amerikanisches Alleinstellungsmerkmal sei „eine große und schlagkräftige Marine, die weltweit operieren kann.“

 

Genau das fehle Russland, das momentan Militär- und Forschungsstationen oder auch Kohlekraftwerke im Arktischen Ozean baue, um für die Ansiedlung russischer Staatsbürger zu sorgen. Dahinter stehe nach Schrader folgende Logik: „Überall wo Russen sind, ist Russland“, und damit im Ernstfall ein Vorwand für eine militärische Intervention gegeben. Weiterhin versuche Russland mithilfe hybrider Kriegsführung, also Maßnahmen unterhalb der Artikel V-Schwelle, die ein Eingreifen der NATO erfordern würden, eine „Pufferzone“ aufzubauen. Schrader weist aber darauf hin, dass dieses expansive Verhalten „aus Sicht Russlands eine rationale, logische Handlung“ sei. Opfer dieser Politik sei zum Beispiel Georgien, das mit dem Schwarzen Meer wiederum an einen maritimen Raum mit ganz eigenen Gesetzen grenzt.