"Munition für den Frieden?“ – BSH diskutiert in Münster über Sinn und Unsinn von Zivilklauseln

Am 24. Januar 2013 hat sich der Bundesverband Sicherheitspolitik an Hochschulen (BSH) in Münster an einer Podiumsdiskussion zur sog. „Zivilklausel“ beteiligt.

Veranstaltungsplakat

Die Podiumsdiskussion stand unter dem Thema „Munition für den Frieden?! – Was können Zivilklauseln leisten“ und wurde vom örtlichen Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) ausgerichtet. Die Veranstaltung war mit cirka 50 Zuhörern sehr gut besucht. Diskussionspartner waren  Nicole Gohlke (MdB, hochschulpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag), Dr. Lutz Unterseher (Politikwissenschaftler und Experte für Rüstungsfragen) und Peer Heinelt (Politikwissenschaftler und freier Journalist). Für den BSH, der als „Gegner der Zivilklausel“ angekündigt war, stellte sich Leonard Wessendorff (Beauftragter des Bundesvorstandes und Vorsitzender Hochschulgruppe Münster) zur Verfügung.

 

Zivilklauseln sind hochschulrechtliche Bestimmungen, die je nach konkreter Formulierung die Zusammenarbeit der Hochschulen mit dem Militär und der Rüstungsbranche unterbinden sollen. Im Fokus steht dabei vor allem die Drittmittelfinanzierung von Forschungsvorhaben durch die Rüstungsbranche, aber auch die generelle Präsenz des Militärs an der Hochschule, zum Beispiel bei Karrieremessen oder Vortragsveranstaltungen. Rechtmäßigkeit und Verbindlichkeit von Zivilklauseln sind umstritten und richten sich teilweise nach dem jeweiligen Landeshochschulrecht. Als Grund für Zivilklauseln wird häufig genannt, dass die Hochschule dem Frieden dienen müsse. Schon deshalb sei die Zusammenarbeit mit Militär und Rüstung abzulehnen und der „Militarisierung der Hochschule“ entgegenzuwirken. Ein weiterer Kritikpunkt ist eine angeblich mangelhafte Transparenz bei Drittmittelfinanzierung. So sei oft nicht klar, von wem ein Forschungsvorhaben finanziert würde und inwieweit Dritte darauf Einfluss nähmen.

 

Ähnliche Argumente wurden auch bei der Podiumsdiskussion in Münster vorgebracht. Frau Gohlke verwies auf die Forderung der Partei DIE LINKE nach einer deutschlandweiten Zivilklausel, um dem Friedensgebot des Grundgesetzes Rechnung zu tragen. Eine Gefahr für die Wissenschaftsfreiheit sah sie in der mangelnden Transparenz der Drittmittelfinanzierungen. Herr Heinelt sprach sich kategorisch gegen jedwede Zusammenarbeit der Hochschule mit Militär und militärnahen Organisationen aus, um die „Militarisierung der Hochschule“ und der Studentenschaft zu verhindern. Auch sei der BSH seiner Ansicht nach ein Interessenverband der Bundeswehr, der im Falle der Einführung von Zivilklauseln seine Arbeit einzustellen habe.  Dr. Unterseher argumentierte dagegen wesentlich sachlicher. Er habe bei der Einführung von Zivilklauseln keine rechtlichen Bedenken, sehe aber Probleme bei ihrer Praktikabilität.

 

Leonard Wessendorff unterstrich zunächst, dass der BSH die den Zivilklauseln zugrunde liegenden Motive nicht grundsätzlich ablehne. Der Wunsch der Studenten nach mehr Transparenz in der Drittmittelfinanzierung müsse ernst genommen werden. Er habe aber Bedenken, ob gerade eine Zivilklausel hier Abhilfe schaffen könne. Das Problem betreffe eben nicht nur die Rüstung, sondern sämtliche Wirtschaftszweige. Die Furcht vor einer „Militarisierung der Gesellschaft“ sei in einer Zeit, in der sich die Bundeswehr immer mehr aus der Öffentlichkeit zurückziehe, kaum nachzuvollziehen. Gleichwohl werde die Zivilklausel als Allheilmittel gegen „Militarisierung“ an der Hochschule verstanden, etwa wenn es darum gehe, die Arbeit vermeintlich „militaristischer Dozenten“ zu unterbinden. Der Wunsch hingegen, Forschung und Lehre in das Zeichen des Friedens zu stellen, sei zu begrüßen und trage dem Friedensgebot in der Präambel des Grundgesetzes Rechnung. Die Diskussion zeige jedoch, dass die Vorstellungen dessen, was „friedlich“ sei, stark auseinander gingen. So werde teilweise verkannt, dass auch die Bundeswehr dem Frieden verpflichtet sei und ihre Einsätze nur in Übereinstimmung mit dem Friedensgebot des Grundgesetzes zulässig seien. Die Frage, wer im Einzelfall zu entscheiden habe, wann ein Forschungsvorhaben als „friedlich“ einzuordnen sei oder nicht, bleibe ungelöst.

 

„Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Diskussion und die Beiträge einiger Parteien der Komplexität der Thematik leider nicht gerecht wurden.“, so Wessendorff in seinem Resümee der Veranstaltung. „Unterm Strich bleibt die  legitime Forderung nach Transparenz in Bezug auf Drittmittel. Diese herbeizuführen, vermag die  Zivilklausel jedoch nicht zu leisten.“