Soziale Säuberungen – Drogenkrieg auf den Philippinen

„Wir treffen uns heute, um über ein Thema zu sprechen, das eigentlich schon nicht mehr aktuell ist. Der Drogenkrieg ist vorbei – jetzt wird der Krieg gegen die Polizei geführt, die vorher die Drogendealer bekämpft hat“,

mit diesen Worten leitete der Südostasien-Experte Dr. Peter Kreuzer seinen Vortrag am 08. Februar 2017 über den Drogenkrieg auf den Philippinen ein. Herr Kreuzer arbeitet an der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) und forscht dort u. a. über diesen Drogenkrieg, welchen der amtierende philippinische Präsident Rodrigo Duterte im Sommer 2016 startete.

 

Laut Kreuzer seien Polizeigewalt und Morde mit dem Zweck der Selbstjustiz jedoch kein Phänomen, was erst seit der Amtszeit des aktuellen Präsidenten existiere. In den 1990er Jahren hatte Duterte die Gruppierung „Davao Death Squad“ gegründet; eine Todesschwadron, für die 1421 Hinrichtungen dokumentiert wurden. Als Präsident hatte Duterte die Polizei angewiesen, extralegale Gewalt – das heißt Gewalt unter willkürlichem Tötungsvorsatz – als Mittel der Kriminalitätsbekämpfung einzusetzen. Fast die Hälfte der Menschen auf den Philippinen leben in der Angst, ein naher Familienangehöriger könne Opfer eben dieser Gewalt werden. Dennoch sind 70 % der Bevölkerung mit Dutertes Regierungspolitik zufrieden. „Er hat sehr hohe Zustimmungswerte. Das Macho-Gehabe kommt dort einfach sehr gut an.“ So erklärte Kreuzer das in den Philippinen geltende politische Naturgesetz der „Strongman-Rule“. Historisch gesehen waren in den Philippinen vor allem die Politiker erfolgreich, die vor der öffentlichen Verherrlichung und Anwendung von Gewalt gegen ihre Kontrahenten nicht zurückschreckten. So prahlte Duterte beispielsweise damit, in seiner Zeit als Bürgermeister von Davao mindestens drei Menschen getötet zu haben. Jedoch stellte Kreuzer fest: „Ähnlich Trump arbeitet Duterte mit alternativen Fakten: Die Drogenproblematik wird hochgespielt.“ Weiterhin bestehe für ihn kein Zweifel, dass Duterte eine „drastische Persönlichkeitsstörung“ aufweise – seine Gegner zu demütigen sei für ihn wie eine Leidenschaft.

 

Nach dem Vortrag interessierten sich die Zuhörenden vor allem für eine Frage: Wie könne man von außen auf die philippinische Politik einwirken und bestenfalls die Menschenrechtsverletzungen beenden? Kreuzer antwortete, dass auf dem diplomatischen Weg nur wenig auszurichten sei. Versuche Dutertes Politik zu beeinflussen endeten schnell in wilden Beleidigungen seitens des Präsidenten. Zu hinterfragen sei aber der Nutzen amerikanischer und europäischer Ausbildungsprogramme zur Förderung des Rechtsstaates, die für Polizisten und Militärs aus instabilen Ländern wie den Philippinen angeboten würden. Er empfiehlt stattdessen, philippinische Polizisten in anderen internationalen Konflikten auszubilden, da sie dort eine ähnliche Situation wie im Heimatland vorfänden.

 

 

Zum Ende der Diskussion dankte Tamta Kalandarishvili, die als Moderatorin durch die Veranstaltung führte, im Namen der Außen- und Sicherheitspolitischen Hochschulgruppe Heidelberg Dr. Peter Kreuzer für die aufschlussreiche Diskussion und verabschiedete die knapp 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.