Die politische Krise in der Demokratischen Republik Kongo

Waren alle Mühen der weltweit größten UN- Mission vergebens?

"Die grundsätzlichen Fragen werden nicht gestellt", resümiert Janosch Kullenberg, Doktorand der Bremen International Graduate School of Social Sciences (BIGSSS), zum Abschluss seines Vortrags über ein Land, in dem in manchen Regionen das Wort "Krise" mittlerweile den Normalzustand umschreibt - und das, obwohl sich die internationale Staatengemeinschaft im Rahmen der weltweit größten UN-Mission "MONUSCO" seit beinahe zwei Jahrzehnten um eine Stabilisierung der Demokratischen Republik Kongo bemüht. Waren alle Mühen vergebens? "Mitnichten", entgegnet Janosch Kullenberg, der selbst mehrere Jahre für die MONUSCO-Mission in der östlichen Unruheprovinz Süd-Kivu tätig war. Doch: Auf die richtigen Ansätze kommt es an.

Vorab vermittelte der Gastredner einen umfassenden Überblick sowohl über die geographischen als auch politischen Dimensionen, Gepflogenheiten und Herausforderungen des zentralafrikanischen Landes. Die Wurzeln allen Übels ließen sich in der schweren Kolonialzeit und der politischen Instabilität des Landes nach der erstrittenen Unabhängigkeit 1960 finden, eröffnet Kullenberg und verweist auf die zusätzlich destabilisierende Verwicklung in Konflikte mit Nachbarstaaten wie beispielsweise Ruanda und Uganda seit den 90er Jahren.

Auch die Amtsführung des jetzigen kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila zeichnet sich durch Korruption, Misswirtschaft und Repressionen gegenüber der politischen Opposition aus. Durch geschicktes taktieren und paktieren, versucht Präsident Kabila die verschiedenen Ethnien des Vielvölkerstaates gegeneinander auszuspielen und damit seine politischen Gegner zu entzweien. Gleichzeitig klammert er sich an die Macht , indem er die Forderung der internationalen Gemeinschaft nach Neuwahlen hinauszögert, da er bei diesem Urnengang qua Verfassung nicht erneut kandidieren dürfte. Ungeachtet dessen heizt dieses Spiel mit dem Feuer nicht nur die seit langem schwelenden ethnisch motivierten Konflikte im Osten der DR Kongo an, sondern impliziert zunehmend auch eine wachsende Konfrontation zwischen den Sicherheitskräften der Zentralregierung und den ethnischen Milizen sowie der politischen Opposition, sodass sich die Gewalt auf den Rest des Landes ausdehnt. Zahlreiche Tote bei Demonstrationen gegen Präsident Kabila im vergangenen Jahr sowie der Einsatz von Todesschwadronen in zentralen Provinzen des Landes sind ein erster Höhepunkt dieser Gewaltspirale. Überdies drohen Hungersnöte und ca. 3,9 Millionen Kongolesen befinden sich momentan auf der Flucht - ein trauriger Weltrekord.

Angesichts der sich abzeichnenden humanitären Katastrophe, betont Kullenberg während seines Vortrags, stünde die internationale Gemeinschaft vor einem Dilemma: Ausländisches - insbesondere westliches Engagement - stößt in der DR Kongo aufgrund der kolonialen Vergangenheit auf wenig Gegenliebe. Gleichzeitig sehen sich die Vereinten Nationen aufgrund von Budgetkürzungen gezwungen, das Einsatzkontingent der MONUSCO-Mission zur Krisenprävention zu reduzieren.

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass - wie eingangs erwähnt - grundlegende Gesetzmäßigkeiten des Peacekeepings nicht vernachlässigt werden dürften: Friedensmissionen und politische Stabilisierung bei gleichzeitigem Raubbau an den Ressourcen eines Landes oder unfairen Handelsbeziehungen könnten nicht von Erfolg gekrönt werden, schlussfolgerte das Plenum am Ende der Veranstaltung. Allerdings sei es fraglich, so Kullenberg, ob andere Gesellschaften bereit wären, die dafür notwendigen Einschnitte in der eigenen Komfortzone hinzunehmen, um diese Ziele zu realisieren.