Perspektiven einer Europäischen Außenpolitik - Eine Europäische Armee?

Als Phantom einer europäischen Politik bezeichnete die „Süddeutsche Zeitung“ die Idee einer europäischen Armee. Im November 2018 ließ der französische Premierminister Emmanuel Macron dieses Phantom wieder aufleben und forderte eine „richtige europäische Armee“. Angela Merkel unterstützte diese Idee. In Unserer Gruppensitzung am 28. November sprachen wir deshalb aus aktuellem Anlass über die Perspektiven einer solchen europäischen Armee.

 

30 Zuhörer verfolgen gebannt Klara Fischers Vortrag über eine gemeinsame europäische Außenpolitik

Mit dem Vertrag von Lissabon wurde eine Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der europäischen Union primärrechtlich festgelegt. Allerdings ist dieses Politikfeld der EU weiterhin das einzige, dass nicht supranational, sondern intergouvernemental geregelt ist. Die Nationalstaaten konnten hier bisher ihre Souveränität aufrechterhalten. Deshalb sind auch die Entwicklungen der GSVP und die Initiativen für europäischen Missionen zunächst auf Bestrebungen einzelner Nationalstaaten zurückzuführen. Vor allem Frankreich und Großbritannien spielen hierbei, auf Grund ihrer militärischen Stärke, eine wichtige Rolle. An der Spitze der GASP steht der Europäische Rat, der einstimmig entscheiden muss. Eine gemeinsame europäische Armee, deren Entwicklung im Vertrag von Lissabon offengelassen wurde, kann nur dann beschlossen werden, wenn alle Regierungschefs der Nationalstaaten zustimmen. Das Parlament könnte nur über das Budget Einfluss nehmen. 

Die EU agiert mit einem umfassenden Sicherheitsbegriff, der militärische, zivile, ökonomische und politische Instrumente berücksichtigt. Als Bedrohungen der EU werden Terrorismus, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, regionale Konflikte, gescheiterte Staatlichkeit, organisierte Kriminalität, Cyberkriminalität, die Energiesicherheit, Seeräuberei, der Klimawandel und der Zusammenhang von Entwicklung und Sicherheit (v.a. Afrika) festgestellt. Zur Sicherheitsstrategie der EU zählen deshalb auch die Entwicklungspolitik und die Nachbarschaftspolitik. Diese Bereiche sind aber nicht im Kompetenzrahmen der GASP angelegt. 

In der anschließenden Diskussion wurde das Verhältnis der EU zur NATO, die Legitimation einer europäischen Armee, die Folgen des Brexits für die GASP und Alternativen zu einer gemeinsamen Armee diskutiert. 

Es wurde diskutiert, inwiefern eine europäische Armee in Konkurrenz zur NATO stehen würde oder ob es sich nur um eine Ergänzung handeln würde. Eine solche Ergänzung könnte zum Beispiel im zivilen Krisenmanagement angelegt werden. Außerdem wurde die These aufgestellt, dass die NATO von einer effizienten europäischen Armee und höheren Verteidigungsausgaben innerhalb der EU profitieren würde. So würde eine europäische Armee keine Konkurrenz zur NATO darstellen, sondern das transatlantische Verteidigungsbündnis eher stärken. 

Auch der Brexit wurde eher positiv gesehen, da dadurch ein restriktiver Akteur entfällt und innerhalb der GASP effizienter und geschlossener gehandelt werden könne. Inwiefern die militärische Stärke Großbritanniens wichtig für die europäische Verteidigung ist, blieb allerdings offen. 

Ausführlich wurde darüber gesprochen, wie eine europäische Armee sich legitimieren könnte. Eine Zustimmung des Bundesverfassungsgerichts in Deutschland zu einer selbstständigen europäischen Armee wurde bezweifelt. In der Diskussion wurde schnell ersichtlich, dass eine handlungsfähige Armee durch ein supranationales Entscheidungsgremium garantiert werde könne. Nur so könnten einzelne nationalstaatliche Vorbehalte umgangen werden, sollte es im Interesse der Gemeinschaft liegen.

Da eine europäische Armee in naher Zukunft nicht als wahrscheinlich eingestuft wurde, kamen auch alternative Konzept zur Sprache. Als realistische und effiziente Idee wurde das „Framework Nation Concept“ eingeschätzt. Dabei können die Ressourcen einzelner Mitgliedsstaaten unter der Führung eines Landes (der Rahmennation) gebündelt werden. Diese Strategie wird im Rahmen der NATO verwendet und ließe sich leicht auf die europäische Union übertragen.