Das diesjährige Online Kooperationsseminar widmete sich dem spannenden Thema Strategic Foresight im digitalen Zeitalter. Gemeinsam mit hochkarätigen ExpertInnen nahmen die Teilnehmenden die beiden Schwergewichte der Technologieentwicklung China und Indien genauer unter die Lupe. ReferentInnen beschäftigten sich entweder mit den spezifischen politischen Hintergründen beider Staaten oder hatten besondere Expertise im technologischen Bereich. Im Vordergrund des Seminars standen zudem Methoden aus dem Bereich Strategic Foresight, die die Teilnehmden in gemeissmen Workshops selbst anwenden konnten.
Trotz Handelspartnerschaft teilen die Technologiegiganten Indien und China zahlreiche Grenzkonflikte. Im indisch-chinesischen Verhältnis ist in den letzten Jahren eine neue Schärfe von Kommunikationsmaßnahmen zu beobachten. Dabei regen im Cyberraum unter anderem Attacken auf indische Stromnetze Grund zur Besorgnis und die Vermutung von dahinterstehenden hybriden Konflitkstrategien.
Auch wenn viele EuropäerInnen wenig mit Indien und China vertraut sind, ist für die Bundesregierung die Bedeutsamkeit von Asien gestiegen. Indien gilt nicht nur nach der Veröffentlichung der indo-pazifischen Leitlinien als strategischer Partner der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Auch China ist Partner, aber gleichzeitig systemischer Gegner.
Mit der Regierung Modi und den angeschuldigten Menschenrechtsverletzungen habe Indien sich entscheidend verändert, dazu habe auch die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts der regierenden Bharatiya Janata Party (BJP) von Premierminister Modi und deren hindu-nationalistische Agenda beigetragen. Gleichzeitig erschweren Wassermangel, die starke Ahängigkeit von der Landwirtschaft sowie innere Unruhen und Radikalisierung das Leben vieler InderInnen.
Auch der Kommunisitischen Partei Chinas (KPCH) werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Die Partei kontrolliert zunehmend alle Lebensbereiche, gewinnt als Cybermacht an Bedeutung und versucht im Cyberspace - insbesondere im Hinblick auf die USA - Autonomie zu erlangen. Trotz Besorgnis und Fiktion des Westens, sei der Digitalisierungsgrad in China nicht der höchste und es bestehe kein perfektes einheitliches System.
Mittels Context Maps und Sternen erarbeiteten die Teilenhmenden die größten sicherheitspolitischen Treiber verbunden mit Indien, China und Neuen Technologien. Als Bedrohungen definiert wurden unter anderem die Ressourcenpolitik, Landwirtschaft und die Gletscher des Himalaya. Neue Technologien verändern die Konfliktaustragung in erheblichen Ausmaß. Mit Mitteln der strategischen Vorausschau konnte analysiert werden, wie sich das Verhältnis der beiden Staaten entwickeln und welche Mittel des (hybriden) Konfliktaustrags zu Einsatz kommen könnten.
Foresight beschreibt dabei einen aktiven Ansatz und die Fähigkeit, die ungewisse Zukunft zu bedenken, planen und dieser damit Sinn zu geben um künftige Trends zu erkennen, verstehen und darauf zu reagieren. Es handelt es außerdem um ein Zusammenspiel aus Denkweise, Kontext und angewendeter Methode. Während zunächst ein bedeutsamer Input generiert wird, fokussiert sich die Vorausschau auf die Trendanalyse und sinnvolle Nutzung von Informationen. Damit kann als Output eine Strategie für zukünftiges Handeln entwickelt werden.
Neben führenden Staaten wie Finnland, Kanada, Singapur und den Vereinigen Arabischen Emiraten engagieren sich auch internationale Organisationen, wie die OSZE, im Bereich Strategic Foresight um eine bessere Antizipation, politische Innovation und Zukunftssicherung zu betreiben. Auch im menschlichen Alltag ermöglicht Strategic Foresight den Blick auf Probleme und Herausforderungen aufgrund fehlender Kreativität, einem verengten Blick auf die Zukunft, der Leugnung besorgniserrengender Veränderungen und kognitivem Dissenz . Strategic Foresight trägt seit den 60er Jahren mit einer breiten Palette an Methoden dazu bei, potentiell auswirkungsreichen Ereignissen zu begegnen.