Bericht XII. Sicherheitspolitische Aufbauakademie - Die Volksrepublik China: Friedlicher Aufstieg oder neuer Großmachtkonflikt?

Mit der XII. Sicherheitspolitischen Aufbauakademie des Bundesverbands Sicherheitspolitik an Hochschulen, die vom 05.10.2020 – 08.10.2020 via Zoom stattfand, war ein großer Anspruch verbunden: In vier Tagen den 24 TeilnehmerInnen einen einmaligen Einblick in das hochkomplexe und facettenreiche Themenfeld „Chinesische Außen- und Sicherheitspolitik“ vermitteln.

Dabei wurden besonders wirtschaftliche, politische und soziokulturelle Aspekte mit hochkarätigen ExpertInnen beleuchtet. Zum Einstieg vermittelte Dr. Iris Wurm von der Goethe-Universität Frankfurt am Main als theoretische Basis Grundlagen der Power Transition Theory. In diesem Kontext verdeutlichte sie, wie die Power Transition Theory auf einen möglichen Konflikt zwischen den USA und China angewendet werden kann. Die vielen Aspekte der Theorie wurden durch die Fragen unserer TeilnehmerInnen zusätzlich erläutert.

 

Einen ersten Überblick über Chinas Sicherheitspolitik botem Helena Legarda und Katja Drinhausen vom Mercator Institute for China Studies (MERICS). Während Frau Drinhausen die innere Verfasstheit Chinas komprimiert darstellte, ging Frau Legarda genauer auf die Sicherheitspolitik der Volksrepublik ein. Das Ziel beider Politikbereiche sei das gleiche und bilde eine wichtige Schnittstelle: Der Erhalt der Stabilität und Prosperität der Kommunistischen Partei Chinas. Des Weiteren wolle China erreichen, dass die Weltgemeinschaft Chinas Erfolge anerkenne und eine Rückkehr zur, aus seiner Sicht angemessenen, Position im internationalen System ermöglicht. Auch wenn China gezeigt habe, dass es das internationale Ordnung zum eigenen Vorteil lediglich reformieren möchte, sei die Volksrepublik trotzdem bereit, internationales Recht und globale Normen zu brechen, um die eigenen Ziele zu erreichen.

 

China eile zwar von einem zum nächsten großen Erfolg, doch diese Fortschritte müsse man immer genauer unter die Lupe nehmen. Johannes Peters von Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel demonstrierte diesen Umstand am Beispiel der maritimen Fähigkeiten der Volksrepublik. China habe seine Marine besonders quantitativ stark ausgebaut, doch sei es den Beweis schuldig geblieben, ob auch die qualitative Entwicklung Schritt halten konnte. Trotz dieses Umstandes habe China genügend Selbstvertrauen aufgebaut, um seinem regionalem Machtanspruch im Südchinesischen Meer gegen die Anrainerstaaten und unter klarer Verletzung internationalem Rechts Nachdruck zu verleihen.

 

Einen willkommenen Perspektivwechsel konnten wir mit Ferdinand Schaff vom Bundesverband der Deutschen Industrievollziehen. China sei für die deutsche Industrie ein Markt, dessen Wichtigkeit nicht zu wenig betont werden könne. Dennoch sehe auch die deutsche Industrie, dass es im Umgang mit China Herausforderungen gebe, die man nicht ignorieren könne. Menschenrechte und Handelsbarrieren stechen dabei besonders hervor. Daraus formuliert sich die Forderung an die deutsche und europäische Politik, hier einen guten Handlungsrahmen zu schaffen. Dabei sei besonders wichtig, dass die Politik mit der Wirtschaft die Politik in China sowie die nationale und europäische China-Politik in einem Dialogverfahren bespreche, um gemeinsam zu agieren.

 

Ein Thema, das die Akademie wie einen roten Faden durchzog, war die Neue Seidenstraße oder Belt and Road Inititative. Neben den globalen Auswirkungen, die in jedem Veranstaltungsslot klar wurden, beleuchtete Stefan Lukas von der Universität Greifswald die zentrale Rolle des Nahen Ostens bei dieser Initiative. China stoße im Nahen Osten mit seinem wirtschaftlichen Engagement, aber besonders im Rahmen der neuen Seidenstraße, in ein Machtvakuum vor, was der Rückzug der USA hinterlassen habe. Einen anderen regionalen Schwerpunkt bedienten wir mit Dr. Philip Jan Schäfer vom Zentrum Informationsarbeit der Bundeswehr. Mit seiner lokalen und regionalen Erfahrung konnte Dr. Schäfer den Teilnehmenden die Grundlagen sowie die momentane Situation des Korea-Konfliktes näher bringen und gleichzeitig zahlreiche Fragen zu regionalen Implikationen  beantworten.

 

Auch eine Stimme aus dem Deutschen Bundestag durfte bei dieser Veranstaltung nicht fehlen. Mit Omid Nouripour vom Bündnis90/Die Grünen besprachen wir die Menschenrechtslage in China. Dabei kam besonders die Lage in Hongkong und die Situation der muslimischen Minderheit, der Uiguren, zur Sprache. Mit Dr. Karl-Heinz Kamp aus dem Bundesministerium der Verteidigung hatten wir einen Veteranen der globalen Sicherheitspolitik zu Gast. Bei einem virtuellen Kamingespräch gab er unseren TeilnehmerInnen ein Lagebild über die deutsch-chinesischen Beziehungen. Des Weiteren hatten wir mit Benedetta Lacey von der britischen Botschaft in Berlin eine Sicherheitspolitische Expertin zu Gast, die uns die Grundlinien der britisch-chinesischen Beziehungen erläuterte. Hier zeigte sich die anhaltende Bedeutung des sicherheitspolitischen Austauschs zwischen Deutschland und Großbritannien.

 

Grundsätzlich scheint, aus Sicht der ReferentInnen, China für Europa generell und Deutschland im speziellen Partner, Konkurrent und systemischer Rivale zu sein. Dies macht die Bearbeitung des Themenfelds keinesfalls leichter. Wie schwierig diplomatische Beziehungen in einem solchen Umfeld sein können, durften unsere TeilnehmerInnen mit Alena Epifanova und Marina Solntseva von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) erfahren. Unsere TeilnehmerInnen wurden mit einem für EntscheiderInnen konzipierten Szenario konfrontiert, dem sie in der Rolle von DiplomatInnen der USA, der EU oder Russlands im (fiktionalen) Jahr 2029 begegnen mussten.

 

Wir bedanken uns bei allen ReferentInnen, die die 12. Sicherheitspolitische Aufbauakademie zu einer erfolgreichen Veranstaltung für unsere Teilnehmenden gemacht haben und freuen uns bereits auf die 12. Sicherheitspolitische Aufbauakademie im Jahr 2021, dann hoffentlich wieder in Persona in Berlin.