Am 29. Januar 2025 lud die Hochschulgruppe für Außen- und Sicherheitspolitik Regensburg zu einer Veranstaltung über den anhaltenden Konflikt im Jemen und die Neuordnung des Nahen Ostens ein. Der Jemen-Experte Dr. Said AlDailami referierte über die historischen, politischen und geostrategischen Hintergründe des Krieges. Der gebürtige Jemenit leitet seit 2017 eine Hilfsorganisation, die sich für die humanitäre Unterstützung der Opfer des Krieges einsetzt und konnte dadurch tiefe Einblicke in das Land bieten. Diese wurden ergänzt durch seine umfangreiche militärische und politikwissenschaftlich-theoretische Kenntnis, die er als ehemaliger Offizier der Bundeswehr und promovierter Staatswissenschaftler mitbrachte. Trotz Klausurenphase fanden sich etwa 30 Studierende ein, um mehr über den Konflikt zu erfahren und ihre Fragen zu stellen. Moderiert wurde die Veranstaltung von HSG-Mitglied Sophia Maier.
Dr. AlDailami begann seinen Vortrag mit einer umfassenden Vorstellung des Jemens. Er betonte die immense kulturelle Geschichte des Landes, seine strategische Lage und die natürlichen Ressourcen. Er schilderte eindrücklich die komplexe Vorgeschichte des Krieges, die bis zur Teilung des Landes in Nord- und Südjemen im frühen 20. Jahrhundert zurück reicht. Dr. AlDailami hob dabei hervor, dass der Konflikt nicht einfach als Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und Iran oder als religiöse Auseinandersetzung zwischen Schiiten und Sunniten betrachtet werden könne. Vielmehr würde Religion bewusst als Mobilisierungsgrund instrumentalisiert, während eigentlich die geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen verschiedener internationaler und regionaler Akteure im Mittelpunkt stehen.
Vor allem Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate hätten ein großes strategisches Interesse am Jemen mit seinen reichen Bodenschätzen und seiner wichtigen geostrategischen Lage. Saudi-Arabien hoffe, mit Pipelines durch den Jemen bei seinen Öltransporten auf dem Weg zum Suez-Kanal die Straße von Hormus – eine Meer-Enge zwischen Saudi-Arabien und Iran - zu umgehen. Daneben ist Jemen auch Anrainer der zweiten Meer-Enge auf dem Weg zum Suez Kanal, die nur 27-Kilometer breite „Bab Al Mandab“, die das Rote Meer mit dem Golf von Aden verbindet. Diese von Jemen aus zu sichern, um das Passieren von Schiffen zu gewährleisten, scheint ein wichtiges Interesse von Saudi-Arabien zu sein. Den Vereinigten Arabischen Emiraten gehe es vor allem darum, ihre Präsenz in Ostafrika auszubauen und damit ihren Ansprüchen als Regionalmacht nachzukommen. Bereits jetzt wurden einige Militärbasen in der Region – darunter auf der jemenitischen Insel Sokotra – errichtet.
Auf Basis seiner eigenen Erfahrungen bei Reisen in den Jemen konnte Dr. AlDailami eindrücklich humanitären Katastrophe im Jemen darstellen. Seit 2015 sind über 400.000 Menschen ums Leben gekommen, darunter viele Kinder. Zudem ist eine verheerende Cholera-Epidemie ausgebrochen und in vielen Gebieten herrscht Hungersnot, die täglich weitere Opfer fordern. Auch die Kriegswirtschaft boomt. Vor allem der Waffenhandel habe unglaubliche Ausmaße angenommen, an jedem größeren Markt könne man schwere Waffen erstiegern, erklärt AlDailami.
Zum Abschluss des Vortrags wurde der Blick geweitet und auf die Neuordnung des Nahen Ostens geblickt. AlDailami sieht die Einmischung der Huthis in den Konflikt um Israel als gefährlich an: Ihre Positionierung für die Palästinenser und gegen Israel schaffe zusätzliche Spannungen und destabilisiere das Land geopolitisch weiter. Die Zukunft des Nahen Ostens sei ungewiss, doch AlDaialmi sieht hohe Wahrscheinlichkeit darin, dass Israel als neue Regionalmacht aus dem Konflikt gehen werde und vor allem die Golfstaaten weitere Bündnisse mit dem Staat suchen werden.
Eine lebhafte Diskussion mit den Teilnehmenden zeigte, wie groß das Interesse an diesem oft vernachlässigten Thema ist. Die Veranstaltung bot einen tiefen Einblick in die komplexe Lage des Jemens und verdeutlichte die Notwendigkeit einer diplomatischen Lösung.
Die HSG Regensburg dankt Dr. Said AlDailami nochmals herzlich dafür, dass er nach Regensburg gekommen ist und einen tiefen und aufschlussreichen Einblick in den Jemen und den Nahen Osten gewährt hat.