BSH: Herr Faber, Herr Leiser, Frau Spellerberg, wie stehen Sie zu diesem Satz: “In Europa kann es Frieden nur mit und nicht gegen Russland geben”?
Faber: Naja, für Frieden braucht man zwei für Krieg nur einen. Ich würde sagen, der Satz ist grundsätzlich richtig. Aber der Friedensprozess in Europa scheitert nicht an uns, sondern an Russland. Ich glaube, dass die Ukraine sich im Frieden sehr wohl gefühlt hat und wir fühlen uns im Frieden auch wohl. Wer sich offensichtlich im Frieden nicht wohlfühlt, ist das Regime Putin. Dementsprechend unterstütze ich den Satz grundsätzlich, aber er hilft gerade leider nicht weiter.
Leiser: Mir sind grundsätzlich internationale Zusammenarbeit und Partnerschaften wichtig. Wir sehen jetzt aber gerade, dass der Satz an Putin und an Russland gescheitert ist, weil Putin bereit ist, mit Gewalt Grenzen zu verschieben. Und deswegen ist es aktuell schwierig, mit ihm zu sprechen, insgesamt bleibt es aber wichtig, miteinander zu sprechen. Auch für die Zeit nach dem Krieg, wenn man in Verhandlungen eintreten sollte. Aber jetzt aktuell ist es erst einmal wichtig, die Ukraine zu unterstützen.
Spellerberg: Langfristig ist dieser Satz absolut wahr und es ist auch wichtig, dass wir langfristig an diesem Satz festhalten. Aber in der Situation des Angriffskriegs liegt diese Vorstellung leider sehr, sehr weit in der Ferne. Und die Verantwortung dafür liegt bei Russland
BSH: Sie haben jetzt alle die langfristige Perspektive angesprochen. Was bedeutet das aber kurz- und mittelfristig für Organisationen wie zum Beispiel die OSZE, denen ein kollektives Sicherheitsverständnis zugrunde liegt?
Spellerberg: Kurz- und mittelfristig ist eine Prognose schwierig. Langfristig ist es aber sehr wichtig, dass wir diese Institutionen noch stärker machen, als sie vorher waren. Aber das Problem ist ja, egal ob bei bilateralen Gesprächen oder größeren Verhandlungen, dass wir momentan nicht wissen, was ein Wort Putins überhaupt wert ist und dass damit natürlich jegliche Diplomatie und jegliche Gespräche enorm erschwert werden, wenn sie denn überhaupt stattfinden können.
BSH: Herr Leiser, noch im Zukunftsprogramm der SPD vom Mai 2021 steht der Satz: “Wir setzen bei aller Kritik auch bei Russland auf die Bereitschaft zum Dialog und zur Zusammenarbeit“. Das höchst problematische Verhältnis Gerhard Schröders zum Putin Regime ist bekannt, aber auch wenn man sich das Vorgehen von Manuela Schwesig rund um die Umweltstiftung zu Nordstream 2 ansieht staunt man, Stephan Weil spricht kurz nach dem Giftgasanschlag gegen Nawalny davon, die Sanktionen gegen Russland zu lockern. Glauben Sie, dass die deutsche Sozialdemokratie ein Russlandproblem hat?
Leiser: Ich bin froh, dass wir uns nicht vorwerfen müssen, nicht bis zum Schluss versucht zu haben, eine diplomatische Lösung zu erreichen. Und mit diesem Cut, dass in Europa wieder mit Gewalt Grenzen verschoben werden, ändert sich jetzt auch für uns das Verhältnis zu Russland grundlegend. Olaf Scholz hat drei Tage nach Beginn des Angriffskrieges in seiner Regierungserklärung dargestellt, dass wir Waffen liefern werden, dass wir Sanktionen auf den Weg bringen, dass wir uns entkoppeln von russischen Lieferungen und dass wir die Bundeswehr auch wieder besser ausstatten. Und das sind eigentlich genau die Reaktionen, die wichtig und richtig waren. Und langfristig erhoffe ich mir, dass wir doch wieder zusammen sprechen können.
BSH: Wir sehen aber ja auch, dass das nicht nur Einzelfälle in der SPD sind, sondern dass sich das über die letzten 20 Jahre ein wenig durch die Politik der Sozialdemokratie gezogen hat. Glauben Sie nicht, dass da Aufarbeitungsbedarf innerhalb Ihrer Partei besteht?
Leiser: Wir sollten uns als Gesellschaft nochmal überlegen, was wir die letzten Jahre gemacht haben. Ein Beispiel aus meinem privaten Umfeld: Freunde von mir, wollten ein Haus bauen. Nun ging es darum: Wie heizen Sie denn? Dann haben Sie sich für Gas entschieden, schlicht weil das günstig war. Also wir haben als Gesellschaft da entsprechend gehandelt, nicht nur politisch. Und wir sehen es ja auch in anderen Parteien. Angela Merkel wurde jüngst kritisiert, für ihr Interview. Auch sie hat 16 Jahre Verantwortung getragen.
BSH: Frau Spellerberg, sie wollen reagieren?
Spellerberg: Genau. Wenn es um Energiesicherheit und Energiesouveränität geht, möchte ich mich natürlich auch gerne zu Wort melden. Es ist ein Problem, wie sich Deutschland hier in der Vergangenheit verhalten hat. Aber ich finde es auch wichtig, die Verantwortung nicht bei Einzelnen abzuladen, weil die gesamte Politik der letzten Jahre sehr stark in der Verantwortung steht. Ich würde mir an der Stelle von allen Akteuren ein bisschen mehr Reflektion der eigenen Position erwarten. Sehen Sie, ich bin Abgeordnete aus Sachsen und das was unser CDU-Ministerpräsident da häufig von sich gibt, könnte meines Erachtens auch gerne noch mehr Betrachtungen und mehr Kritik erfahren. Also das sind nicht nur Punkte, die bei der SPD angesprochen werden sollten, sondern ganz klar auch bei der CDU - gerade im Osten.
BSH: Frau Spellerberg, Robert Habeck reiste kürzlich nach Katar, um einen Erdgasdeal auszuhandeln, in der Hoffnung die Abhängigkeit von russischem Gas mittelfristig zu schmälern. Ist das nicht wieder Ausdruck der alten Logik, sich von autoritären Staaten abhängig zu machen und dafür dann in 5, 10 oder 20 Jahren Konsequenzen tragen zu müssen?
Spellerberg: Es ist auf jeden Fall nicht die gleiche Logik. Es ist in keinem Fall gut, dass wir jetzt Energieimporte aus Katar beziehen. Es geht darum, dass wir uns, was die Importe von Öl, Gas und Kohle angeht, nicht von einem Staat abhängig machen wie das bei Russland der Fall war. Mit Blick auf Katar hat ein Kollege von mir mal von “Schurkendiversifizierung” anstatt der “Schurkenrededuktion” gesprochen und ich finde, das trifft es eigentlich ganz gut. Am Ende ist es natürlich am besten, wenn wir von nirgendwo irgendwas importieren, wenn es nicht hundertprozentig menschenrechtlich sauber und in Ordnung ist. Aber an dem Punkt sind wir noch nicht. Aber auf dem Weg dahin ist es dann leider das notwendige Übel, dass wir uns zumindest nicht von einem Staat; von einem autoritären Herrscher so unfassbar abhängig machen, sondern da eben diversifizieren. Und dafür war eben auch diese Reise nach Katar ein notwendiges Übel.
BSH: Herr Faber, wie blicken Sie auf China? Geht das nicht gerade in eine ähnliche Richtung wie die Abhängigkeit von Russland?
Faber: Ich bin Vizepräsident der deutsch-taiwanischen Gesellschaft, da können Sie sich vorstellen, wie ich darauf schaue. Wir werden die Schurken jetzt nicht vollständig von dieser Welt tilgen, sondern solche Reformprozesse müssen ja auch aus den Ländern selbst herauskommen. Und Taiwan zum Beispiel zeigt ja, dass in jedem Kulturkreis Demokratie, Rechtsstaat, Bürgerrechte, Menschenrechte möglich sind und diese mit jeder Kultur vereinbar sind. Das gilt sowohl für China als auch für Russland. Das ist glaube ich schon mal eine gute Nachricht. Und die zweite Nachricht muss aber sein, dass wir auf dem Weg dahin rational agieren. Das heißt, dass wir diese “Schurkendiversifikation”, die die Kollegin Spellerberg gerade angesprochen hat, vornehmen, damit wir nicht nur von einem Akteur abhängig sind. Und dass wir zum Zweiten aber auch die Akteure unterstützen, die unsere Werte teilen. Und die wesentlich wichtigere Reise von Herrn Habeck war, glaube ich, nicht die nach Katar, sondern seine Reise in die Ukraine im letzten Jahr. Und ich hätte mir gewünscht, dass alle Koalitionspartner Herrn Habeck bereits letztes Jahr gefolgt wären und zugestimmt hätten, dass wir die Ukraine mit Waffen unterstützen. Dann wäre die Ukraine jetzt in einer besseren Situation. Es geht darum, Wertepartner zu unterstützen. Nicht mit Worten, sondern mit Taten. Das gilt für die Ukraine genauso, wie es auch für Taiwan gilt.
BSH: Wie soll man denn diesen Spagat zwischen der Unterstützung von demokratischen Werten und der nicht zu negierenden Abhängigkeit auch und gerade von Autokratien in den nächsten Jahren schaffen?
Faber: Ich möchte zwischen Demokratie und Diktatur keine Balance halten. Ich möchte die Demokratien unterstützen und die Diktaturen in ihre Schranken weisen. Wenn China mit uns handeln will, gerne, dann tun wir das zu gleichberechtigten Bedingungen. Ansonsten bin ich dafür, dass wir das machen, was andere auch machen und die Demokratien dieser Welt unterstützen. Durch Handel gerne, aber auch militärisch. Die Taiwaner zum Beispiel bräuchten mal ein paar neue U-Boote.
BSH: Stichwort Unterstützung demokratischer Partner: Herr Leiser, wenn man seinen Blick nach Osteuropa oder in die baltischen Staaten wendet, wird man relativ schnell feststellen, dass viele dieser Staaten aktuell kopfschüttelnd nach Deutschland blicken. Erst kürzlich war bspw. von polnischer Seite deutliche Kritik an den schleppend vorangehenden Waffenlieferungen zu hören. Im Baltikum nimmt die Skepsis ebenfalls zu. Glauben Sie, dass diese Kritik zumindest teilweise berechtigt ist? Und wenn ja, wie kann man dieses verloren gegangene Vertrauen wieder aufbauen?
Leiser: Zunächst einmal leistet die Bundeswehr viel zur Stärkung der NATO-Ostflanke. Wir leiten eine Battle Group in Litauen, die auch weiter ausgebaut werden soll. In der Slowakei haben wir unsere Patriots für die Luftverteidigung stationiert, in Rumänien machen wir Air-Policing und diese Leistungen werden dort auch anerkannt. Ich selbst war vor einigen Wochen in Litauen und da habe ich große Dankbarkeit gespürt für das Engagement. Und wenn man sich in die Rolle der Menschen in Litauen versetzt, ist es absolut verständlich, dass sie und auch die Politikerinnen und Politiker sich noch deutlich mehr Unterstützung wünschen. Dort ist die Anzahl der Grenzkilometer zu Belarus und Kaliningrad viel Höher als die der Grenze zur NATO. Dem werden wir aber auch gerecht werden, indem wir dort noch mehr aufbauen. Allerdings sind unsere Möglichkeiten leider auch begrenzt und wir haben ja nicht umsonst gerade ein Sondervermögen Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden gestartet, um die Bundeswehr wieder zu ertüchtigen.
BSH: Sind Sie denn der Ansicht, dass der Bundeskanzler früher nach Kiew hätte fahren sollen?
Leiser: Also ich denke bei einem Treffen sollte es immer auch nicht nur um ein Bild gehen, sondern um Konkretes. Und deswegen hat Olaf Scholz den richtigen Moment abgepasst.
BSH: Herr Faber, denken wir in der gegenwärtigen Situation zu militärisch? Wenn man sich Ihren Twitter Feed in den letzten Tagen anschaut, dann geht es vornehmlich um Waffenlieferungen und um militärische Hilfe. Gleichzeitig werfen die Unterzeichner:innen des Offenen Briefes und andere Akteur:innen der Bundesregierung vor, zu wenig auf das Instrument der Diplomatie zu setzen. Was begegnen Sie denen?
Faber: Diplomatie ist eine tolle Sache, bis einer anfängt zu schießen. Es hat am 24. Februar jemand angefangen zu schießen. Dementsprechend müssen wir jetzt denen, die überfallen werden, dabei helfen, sich zu wehren. Wir müssen ihnen helfen dafür zu sorgen, dass ihre Kinder nicht mehr in Kellern sitzen, während die Wohnblöcke über ihnen bombardiert werden. Darum geht es jetzt. Das ist das, was wir beitragen können. Sanktionen sind auch wichtig, die wirken mittelfristig. Jetzt geht es aber sehr konkret darum, schnell die Überfallenen zu unterstützen, damit sie sich verteidigen können. Und ich bin nun einmal Mitglied des Verteidigungsausschusses und spreche somit über solche Dinge wie Waffenlieferungen gerade sehr intensiv, weil es einfach sehr wichtig ist.
BSH: Frau Spellerberg, die Grüne Jugend lehnt das Sondervermögen wenigstens in Teilen ab. Sie sind Mitglied der Grünen Jugend und auf Ihrer Website schreiben Sie, dass Sie dem Sondervermögen Bundeswehr zwar zugestimmt haben, die Entscheidung sei Ihnen aber nicht leicht gefallen. Wollen Sie uns das einmal erläutern?
Spellerberg: Das mache ich sehr gerne. Ich habe dem Sondervermögen am Ende zugestimmt, weil ich es inhaltlich richtig finde, dass die Bundeswehr finanziell besser ausgestattet wird, damit der katastrophale Zustand, in dem sie sich aktuell wegen Misswirtschaft und anderen Fehlern aus der Vergangenheit befindet, beendet wird. Deswegen sind die Investitionen in die Bundeswehr richtig. Ich finde es aber trotzdem nicht richtig, wie wir die Prioritäten bei den Investitionen in unsere Sicherheit gesetzt haben. Denn es ist allgemein bekannt, dass nicht nur die Bundeswehr in dem desaströsen Zustand ist, sondern auch unsere Cybersicherheit, auch der Zivilschutz. Und wenn wir Sicherheit langfristig denken, dann brauchen wir auch dringend eine Stärkung der zivilen Krisenprävention und der Entwicklungszusammenarbeit. Das sind aber leider Sachen, die nicht ausreichend finanziert sind. Und wenn wir über ein breiteres Sicherheitsverständnis reden, über das ja selbst die NATO redet, dann finde ich es unabdingbar, dass wir eben auch in diese Bereiche stark investieren. Wenn wir am Ende nur ein Hammer als Instrument haben, dann sieht es auch so aus, als ob dieser Hammer immer passen würde. Und letztendlich ist es im Idealfall so, dass das Militär gar nicht eingesetzt wird. Aber damit verhindert wird, dass das Militär eingesetzt wird, braucht es eben Instrumente wie die Krisenprävention.
BSH: Glauben Sie denn, dass der aktuelle Diskurs, der ja gerade sehr auf militärische Aspekte fokussiert ist, das überhaupt zulässt?
Spellerberg: Ich hoffe sehr, dass das der Fall ist. Ich glaube, dass gerade über wichtige Aspekt wie bspw. Ernährungssicherheit viel gesprochen wird. Das war am Anfang des Angriffskrieges überhaupt nicht der Fall. Und ich glaube, dass es mittlerweile auch vielen Bürger:innen sehr bewusst ist, dass wir auch da weiter investieren müssen und das nicht einfach zur Seite kehren können.
Leiser: In der Koalition haben wir das Thema Cybersicherheit nicht nur auf dem Schirm, sondern wir kommen da auch voran. Unsere Innenministerin hat da kürzlich bereits Maßnahmen skizziert. Wir brauchen da eindeutigere und gefestigtere Kompetenzen. Wir brauchen ein gesellschaftliches Bewusstsein dafür, dass jeder Rechner gekapert werden kann. Und zum Sondervermögen: auch hier investieren wir 20 Milliarden in die Führungsfähigkeit und die Kommunikation und auch hier haben wir eine Cybereinheit.
Spellerberg: Natürlich ist es gut, dass die Bundeswehr diese Fähigkeiten ausbaut. Trotzdem muss es aber auch darum gehen, die zivile Seite zu stärken. Und ich erwarte auch vom Innenministerium, dass da noch mehr vorgelegt wird und zwar zeitnah.
BSH: Dankeschön! Wir verlassen die Vergangenheit und die Gegenwart und möchten mit Ihnen ein wenig die Zukunft betrachten. Was glauben Sie ist die zentrale sicherheitspolitische Herausforderung für Deutschland und Europa der nächsten 10 Jahre?
Spellerberg: Ich habe bei der Zeitschiene von 10 Jahren kurz überlegt, ob ich meine Antwort ändere. Ich bleibe aber dabei, dass es auch in diesem Horizont die Klimakrise ist bei der wir auch schon in den nächsten zehn Jahren ganz eindeutig die sicherheitspolitischen Auswirkungen spüren werden.
Leiser: Gerade angesichts dessen, was unweit von uns passiert, tue ich mich schwer, zehn Jahre in die Zukunft zu blicken. Akut ist es der Überfall Putins auf die Ukraine. Und wir werden sehen, wie sich das weiterentwickelt.
Faber: Ich sehe als grundlegenden Konflikt für die nächsten Jahre und Jahrzehnte den Konflikt der Gesellschaftsmodelle. Diese Gesellschaftsmodelle regeln dann alle anderen Konflikte, ob das nun Migration oder Klima oder sonstiges ist. Ich komme aus der ehemaligen DDR und habe dort gesehen, dass ein anderes Gesellschaftsmodell auch zum Beispiel mit Fragen von Umwelt ganz anders umgeht. Deswegen sage ich der Konflikt der Gesellschaftsmodelle ist die zentrale sicherheitspolitische Herausforderung.
BSH: Was glauben Sie ist dann notwendig, damit es nicht bei dieser Bedrohungs- oder Herausforderungsanalyse bleibt, sondern wir jetzt schon konkrete Schritte unternehmen, um diesen Herausforderungen etwas entgegenzusetzen?
Faber: Ich glaube, wir müssen Waffengleichheit herstellen. Wir müssen mit den Diktaturen der Welt zu ausgeglichenen Handelsbeziehungen kommen. Nicht im Sinne von Handelsvolumen, sondern von Regeln. Dass wenn deutsche Unternehmen sich in China nur zu 49% an dortigen Niederlassungen beteiligen können, dann gilt das hier auch. Dann sollen chinesische Unternehmen auch keine deutschen Unternehmen erwerben können, insbesondere wenn sich diese mit sensiblen Technologien beschäftigen. Ich glaube, dass unser Gesellschaftsmodell grundsätzlich überlegen ist, weil es innovativ ist, weil es freiheitlich ist, weil es den Diskurs sucht. Aber wir sind zu bescheiden darin, die Werte, für die wir stehen, auch zu betonen. Das gilt für Handel, das gilt für den Klimawandel, das gilt aber eben auch im militärischen Bereich. Wir müssen dort verteidigungsfähig sein. Wenn wir das schaffen und dafür haben wir die besten Voraussetzungen, dann wird die Demokratie erneut siegreich sein.
BSH: Frau Spellerberg, wie kann man so eine strategische Voraussicht institutionalisieren?
Spellerberg: Was gerade in Bezug auf Handeln für mich ein sehr, sehr wichtiger Punkt ist, ist zum Beispiel die Stärkung von Lieferketten. Es ist gut, dass die letzte Bundesregierung ein erstes Gesetz vorgelegt hat, was aber aus meiner Perspektive nicht weitreichend genug war. Wir sollten da nicht nur die staatliche Ebene betrachten, sondern auch die unternehmerische Seite stärker bei der Einhaltung von Menschenrechten und dem Schutz der Umwelt zur Verantwortung ziehen und das grenzübergreifend.
BSH: Was halten Sie von der Idee eines Nationalen Sicherheitsrates?
Faber: Den haben wir ja quasi schon. Wir haben den Bundessicherheitsrat, wir haben das Sicherheitskabinett. Ob wir den jetzt Bundessicherheitsrat nennen oder nationalen Sicherheitsrat ist mir relativ egal. Die Frage ist doch: Womit beschäftigt er sich? Wie häufig tagt der? Soll da nur die Führungsebene der Ministerien zusammen kommen oder auch andere? Das sind alles Punkte die man dann besprechen müsste. Aber wir haben ihn halt schon.
Spellerberg: Das wäre auch meine Antwort gewesen. Wir haben den Bundessicherheitsrat.
Leiser: Und ergänzend werden wir ja auch eine nationale Sicherheitsstrategie erarbeiten.
BSH: Glauben Sie das, dass so ein Dokument viel Orientierung geben kann?
Leiser: Ich gehe auf jeden Fall davon aus, dass das Orientierung geben kann, auch weil da viele Ministerien zusammenarbeiten und ressortübergreifend auf Sicherheit blicken. Ich gehe davon aus, dass da viel Bewusstseinsmachung dabei ist, dass dann auch konkrete Maßnahmen enthalten sind, die es dann umzusetzen gilt. Und ich bin optimistisch, dass der Prozess ein guter wird.
Spellerberg: Aber ich denke auch, dass gerade der ressortübergreifende Aspekt eine sehr wichtige Komponente ist. Und die Außenministerin hat ja in der Rede bei der Auftaktveranstaltung zur Nationalen Sicherheitsstrategie angedeutet, wie breit diese Strategie am Ende auch aufgestellt sein wird. Und ich bin da sehr zuversichtlich, dass sie vielleicht ein bisschen besser anwendbar ist als einiges, was es auf anderen Ebenen auch gibt.
BSH: Wir müssen natürlich auch zumindest kurz über das Sondervermögen sprechen. Herr Leiser, wie stellen wir denn sicher, dass diese 100 Milliarden nicht einfach versickern?
Leiser: Also zunächst ist es ja jetzt beschlossen im Bundestag und im Bundesrat und nun muss es nach meinem Kenntnisstand nur noch unterschrieben werden. Die erste Maßnahme, um sicherzustellen, dass das Geld gut und zielgerichtet ausgegeben wird, ist der Wirtschaftsplan, der es auch öffentlich einsehbar ist. Das ist eine Anlage zum Gesetz, in der aufgegliedert ist, wofür das Geld ausgegeben wird. Mit Blick auf die Beschaffung haben wir ja auch schon einige Maßnahmen entweder zum Teil umgesetzt oder sind auf dem Weg. Beispielsweise kann nun ab 5.000€ freihändig vergeben werden, was dazu führen wird, dass jeder fünfte Beschaffungsvorgang ohne Ausschreibung funktioniert. Das Bundesamt in Koblenz kann sich dann auf die größeren Projekte konzentrieren. Die zweite Maßnahme ist künftig wesentlich mehr marktverfügbar einzukaufen. Also einen gut funktionierenden Rucksack für die Soldatinnen und Soldaten einfach kaufen und nicht über Jahre hinweg einen eigenen entwickeln. Und drittens künftig auch schauen, wo man auf europäische Ausschreibungen verzichten kann. Das ist durchaus bei Angelegenheiten der nationalen Sicherheit möglich. Andere europäische Staaten machen das ebenfalls. Darüber hinaus müssen wir ein Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz auf den Weg bringen und das auch zügig, das den ganzen Beratungsprozess nochmal evaluiert und dann auch optimiert. Und so werden wir das Geld dann auch gut ausgeben können.
Spellerberg: Ich würde gern einen Punkt ergänzen. Was ich gerade bei dem Verzicht auf die europäische Ausschreibung super wichtig finde und auch in unserer Verantwortung sehe, dass wir trotzdem jetzt nicht nur national beschaffen, sondern alles auch stärker im europäischen Rahmen denken.
BSH: Frau Spellerberg, der Fall Anastasia Biefang liegt erst einige Wochen zurück. Hier musste eine Bundeswehroffizierin einen Verweis hinnehmen, wegen Profil-Angaben auf einer Dating-Plattform. Die Diskriminierung von queeren Personen ist in den letzten Jahrzehnten zwar weniger geworden aber dennoch findet sie noch überall statt. Die Nachrichten von Nazis in der Bundeswehr wollen nicht abreißen.
Wie soll so eine Bundeswehr eigentlich künftig ein attraktiver Arbeitgeber des 21. Jahrhunderts werden?
Spellerberg: Gerade der Umgang mit Anastasia Biefang ist leider ein Armutszeugnis und da müssen wir definitiv sicherstellen, dass sich das nicht wiederholt. Frau Biefang wurde lange als Vorzeige-Transfrau in der Bundeswehr dargestellt und da hat die Bundeswehr auch eine sehr hohe Verantwortung. Denn wir wissen ja, dass Transfrauen in der Öffentlichkeit anderen Gefahren ausgesetzt sind, als es Menschen sind, die sich als Männer identifizieren. Nicht nur der Umgang mit queeren Menschen ist desaströs, auch Rassismus und Rechtsextremismus sind allgegenwärtige Problem. Und ich glaube, das ist nicht nur eine Herausforderung für die Bundeswehr als attraktiver Arbeitgeber, sondern gesamtgesellschaftlich wäre es einfach nicht zu verantworten, wenn wir diese Probleme nicht angehen und nicht lösen würden. Ich glaube aber ehrlicherweise leider nicht, dass wir das von heute auf morgen ändern können und deswegen darf dies auf keinen Fall in der Debatte untergehen!
BSH: Der Verein QueerBW fordert als eine mögliche Gegenmaßnahme verpflichtende Awareness und Bildungsmodule in der Grundausbildung. Würden Sie dem zustimmen?
Spellerberg: Ja, definitiv!
BSH: Jetzt wollen wir mit Ihnen über die Ampel-Koalition sprechen. An alle drei geht daher die Frage: Welche Zukunft geben Sie einer so heterogenen Koalition aus SPD, Grünen und FDP und was bedeutet das für die Zukunft der deutschen Sicherheitspolitik?
Leiser: Das Modell hat definitiv Zukunft. Ich bin sehr froh, dass wir jetzt drei Partner haben, die nach vorne denken und die Gesellschaft voranbringen wollen. Gerade im Vergleich zur Vorgängerregierung, bei der die CDU/CSU gerne in der Vergangenheit verharrt wäre. Mit Blick auf die Sicherheitspolitik ist es gut, dass wir nun unseren Beitrag in den Bündnissen leisten. Das haben wir schon so in den Koalitionsvertrag geschrieben und jetzt ist es auch ganz konkret mit den 2% die Deutschland künftig mindestens für Sicherheit ausgeben wird. Und auch bei Cybersicherheit werden wir weiter vorangehen.
Spellerberg: Ich bin auch nach wie vor sehr froh, dass wir jetzt ganz grundsätzlich, den Blick weiter in die Zukunft gerichtet haben und damit eine wirkliche Abkehr von dem, was in den letzten 16 Jahren war. Und vergessen Sie nicht, dass auch die letzte Koalition eine Dreierkoalition aus CDU, CSU und SPD war, die bestimmt auch nicht immer ganz so homogen war. Ich glaube, dass selbst wenn wir in einzelnen Punkten unterschiedliche Meinungen und Perspektiven haben, wir am Ende gut zusammenarbeiten und sehr ähnliche Ziele haben. Auch wenn manchmal die Vorstellungen wie genau wir da hinkommen unterschiedlich sind. Aber ich glaube, dass wir damit eigentlich ein sehr gutes Modell für die Zukunft haben.
Faber: Ich glaube, diese Koalition kann Reformprozesse auf den Weg bringen, die mit der Union schlicht nicht möglich waren. Ich denke hier konkret an das Familienrecht und das Einwanderungsrecht, also gesellschaftliche Reformprozesse, die nur ohne die Union umgesetzt werden können und die auch absolut überfällig waren. Es ist auch sehr gesund für eine Demokratie, wenn Parteien auch mal in die Opposition gehen. Und wir arbeiten trotz aller Unterschiede hervorragend zusammen. Schon im Koalitionsvertrag konnten wir viel hinterlegen, bei dem ich mir vorher nicht sicher war, ob wir das hinbekommen. Nukleare Teilhabe fortsetzen, Drohnen bewaffnen, vernetzter Ansatz. Da sind viele Projekte, die schon vor Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine möglich waren. Und jetzt noch mehr. Das heißt, die Koalition kommt zur richtigen Zeit.
BSH: Aber Herr Faber, Sie haben vor einigen Wochen demonstrativ die Sitzung des Verteidigungsausschusses verlassen, während der Bundeskanzler sprach. Sie sagten in einem Interview, dass dem Kanzler viele Fragen gestellt wurden, die unbeantwortet blieben. Zeigt dieser Vorgang, nicht dass eine Koalition aus drei doch im Grunde sehr heterogenen Parteien in einer außenpolitisch so angespannten Lage in Schwierigkeiten geraten kann, weil die Interessen und Präferenzen im Grunde genommen doch weit auseinander liegen?
Faber: Das würde ich so nicht sagen. Wir haben bei der Zeitenwende zwei wesentliche Punkte, das eine ist das Sondervermögen für die Bundeswehr. Das haben wir jetzt auf den Weg gebracht. Das zweite ist die Unterstützung der angegriffenen Ukraine. Hier sind wir erste Schritte gegangen, und weitere müssen wir sicherlich gehen. Wir erwarten sicherlich alle als Parlamentarier, dass, wenn Mitglieder der Bundesregierung sich in einem Ausschuss in einer nicht öffentlichen Sitzung einer Befragung stellen, die entsprechend auch fachlich und thematisch antworten. Darüber freue ich mich immer sehr.
BSH: Und das war nicht der Fall?
Faber: Das kann jeder, der an der Sitzung teilgenommen hat, selbst beantworten.
BSH: Frau Spellerberg, wir würden gerne auf das Thema feministische Außenpolitik im Kontext der Sicherheitspolitik zu sprechen kommen. Wie sehen Sie die Zukunft dieses Thema in dieser Regierungskoalition? Noch 2020 sind Sie mit einem entsprechenden Antrag im Bundestag gescheitert. Die FDP enthielt sich damals. Wie kann man diese Idee mit Leben füllen? Was sind konkrete Maßnahmen, um das umzusetzen?
Spellerberg: Ich glaube, dass zum Beispiel auch die Nationale Sicherheitsstrategie einen sehr guten Anlass bietet, feministische Außen und Sicherheitspolitik als eine wichtige Perspektive in diese Strategie einfließen zu lassen und eben nicht nur als ein Kapitel zu behandeln, wo es um Frauenrechte geht, sondern den Ansatz, der dahinter steht, in der gesamten Sicherheitsstrategie mit einfließen zu lassen. Weil der Kern von feministischer Außenpolitik ist nicht nur, dass es um Frauenrechte oder allgemein um Menschenrechte geht, sondern dass es neben Repräsentation und Ressourcenverteilung ausdrücklich auch gerade darum geht, bestimmte Machtstrukturen im geopolitischen Kontext zu hinterfragen. Und auch wenn das gerade keine besonders einfache Situation ist aber man muss auch weiter über Abrüstung reden. Am Ende ist ein wichtiger Teil von feministischer Außenpolitik nicht nur das Militär zu betrachten. Und ich bin da sehr zuversichtlich, denn wir haben im Koalitionsvertrag das Prinzip der feministischen Außen- und Sicherheitspolitik festgeschrieben und ich denke, darauf lässt sich sehr gut aufbauen. Für mich persönlich ist es wichtig, dass wir jetzt nicht ein einzelnes Gesetz oder einen Antrag verabschieden, sondern dass wir in allem, was wir tun genau diese Perspektive mitdenken.
BSH: Sie haben ein Thema feministischer Außenpolitik gerade schon angesprochen das Thema Abrüstung bzw. das Thema Rüstungskontrolle. Wie sieht denn die Zukunft deutscher Rüstungskontrolle aus? Muss man von der Logik "Keine Waffen in Krisen- und Kriegsgebiete" abrücken?
Spellerberg: Die Zukunft der deutschen Rüstungsexportkontrolle muss weiter hart bleiben und härter werden. Aber ich glaube, was wir ändern müssen, ist die Frage, an wen wir liefern. Mit Blick auf die Logik "Keine Waffen in Krisen- und Kriegsgebiete" ist meine Analyse, dass wir das Szenario eines offenen Aggressors, der einen unschuldigen Staat angreift, einfach nicht mehr vor Augen hatten. Und natürlich gilt hier das Recht auf Selbstverteidigung. Deswegen ist es ja ganz klar und richtig, dass wir der Ukraine Waffen liefern, damit die Menschen sich selbst und ihr Land, die Demokratie und die Freiheit verteidigen können. Was aber weiterhin klar sein muss ist, dass Autokraten, die Menschenrechte in ihrem eigenen Land missachten, weiterhin keine Waffen von uns bekommen dürfen.
BSH: Wir würden jetzt gerne auch über die Zukunft der europäischen Sicherheit sprechen, Und direkt an Sie die Frage, Frau Spellerberg: Wie kann man der Europäischen Union konkret zu mehr sicherheitspolitischer Kompetenz verhelfen?
Spellerberg: Ein erster, ganz wichtiger Schritt, der relativ wenig mit Institutionalisierung zu tun hat, ist die Frage der Interoperabilität. Zurzeit ist es so, dass die Bundeswehr, wenn sie mit Partner:innen übt, auch innerhalb der EU einfach nicht zusammenarbeiten kann, weil zum Beispiel der Funk nicht zusammen funktioniert. Und mit Blick auf die Zukunft der Beschaffung müssen wir in Zukunft nicht nur darauf achten wo wir kaufen, sondern auch was wir wie kaufen. Denn am Ende können wir natürlich theoretisch über Fragen wie eine europäische Armee reden. Ich glaube aber, dass es mittelfristig nichts bringt. Ich bin sehr froh über unsere Errungenschaft einer Parlamentsarmee mit all dem, was damit einhergeht. In der Europäischen Union gibt es dabei sehr viele unterschiedliche Ansätze und ich sehe heute nicht, wie wir das zusammenbringen können. Aber es bleibt natürlich wichtig, bei der Frage der Souveränität Europas weitere Schritte zu gehen - wir wissen ja schließlich nicht, ob Trump wiederkommt.
BSH: Was heißt das institutionell? Sehen Sie da Dinge, die man vielleicht sogar kurz- und mittelfristig umsetzen könnte?
Leiser: Wir müssen uns vom Einstimmigkeitsprinzip auf der EU Ebene verabschieden! Das bremst Prozesse und passt eigentlich nicht mehr in die Zeit dafür sind wir in der EU mittlerweile zu viele. Und zweitens möchte ich noch zusätzlich zur Interoperabilität bewusst machen, dass Deutschland, wenn wir die Bundeswehr gut ausstatten, als Anlehnnation fungieren kann. Das funktioniert zum Beispiel schon beim niederländischen Heer zu großen Teilen, das stark integriert ist in das deutsche Heer. Und so könnte man das auch mit anderen Partnern machen.
Faber: Ich würde mal drei Punkte nennen. Zunächst einen gemeinsamen Beschaffungsprozess. Das heißt nicht mehr, jeder kauft drei Stück von irgendwas, was er gerade für sinnvoll hält, sondern wir kaufen gemeinsam. Das zweite ein europäischer Binnenmarkt für Rüstungsgüter. Verrücktes Ding: wir haben schon für alles einen Binnenmarkt in Europa, außer für Rüstungsgüter. Das führt dazu, dass wir keine gemeinsame Rüstungsindustrie in Europa haben, sondern hier auf mittelständische Unternehmen zurückgreifen, die nicht konkurrenzfähig sind, was Kosten angeht im globalen Markt, was auch dazu führt, dass bestimmte Fähigkeiten in Europa nicht nachgehalten werden. Also einen europäischen Binnenmarkt, der dann auch mit gemeinsamen europäischen Exporten einhergehen muss, weil er sonst nicht umsetzbar ist. Und das Dritte ist für mich ein europäisches Oberkommando. Wir müssen ja nicht gleich mit der europäischen Armee anfangen, aber vielleicht ein europäisches Kommando, das über den nationalen Oberkommandos steht. So können wir dann dort auch gemeinsame Einsatzregeln und Ähnliches erarbeiten.
BSH: Glauben Sie denn, dass die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips aktuell ein realistisches Ziel ist?
Spellerberg: Ich bin absolut für die Überwindung des Einstimmigkeitsprinzips und bin da gegenwärtig auch optimistisch!
Faber: Ja, bei der Überwindung des Einstimmigkeitsprinzips bin ich auch dabei. Ich glaube aber, dass das nur stattfinden kann, wenn das künftig für alle Politikbereiche der EU gilt.
BSH: Glauben Sie, dass die Deutschen dazu bereit sind, sich in Fragen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik möglicherweise überstimmen zu lassen?
Faber: Absolut. Ich glaube, in Frankreich müssen Sie da mehr Überzeugungsarbeit leisten.
Leiser: Ich bin ziemlich guter Dinge, dass das die Bevölkerung in Deutschland mittragen würde. Und habe die Hoffnung, dass es europäisch klappt. In vielen Gesprächen hab ich immer wieder von Bürgerinnen und Bürgern gehört, dass dieses Stimmengewirr dauerhaft nicht gut ist, gerade bei Fragen der Sicherheit und Verteidigung.
BSH: Welches Verhältnis zur zur NATO sollte die GSVP in den nächsten Jahren einnehmen? Vor allen Dingen vor dem Hintergrund eines potentiellen Szenario, dass in ein paar Jahren der nächste US-amerikanische Präsident vielleicht wieder Donald Trump heißt? Und ganz generell: wie sieht ein gutes Verhältnis zwischen GSVP und NATO ihrer Meinung nach aus?
Faber: Das ist mir ein wichtiges Anliegen. Ich leite die Delegation des Deutschen Bundestages zur gemeinsamen Parlamentariertagung der GASP/GSVP. Und wir müssen glaube ich ein wenig die Perspektive wechseln: Texas und Kalifornien haben keine Streitkräfte, sondern es gibt die Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika. Und wir als Freie Demokraten wollen auch die Vereinigten Staaten von Europa. Und die haben dann auch Streitkräfte. Diese Streitkräfte stehen nicht im Gegensatz zur NATO, sondern sie sind dann ein Pfeiler der NATO und stehen nicht im Kontrast zu dieser.
Leiser: Es geht darum, beide Sphären zu haben und in beiden präsent zu sein. Und ich bin auch deshalb sehr froh, dass Schweden und Finnland der NATO beitreten wollen. Dann haben wir zwei Staaten mehr, die sowohl zur EU als auch zur NATO gehören und dann in beiden Sphären aktiv sind.
BSH: Frau Spellerberg, Herr Leiser, Herr Dr. Faber, vielen Dank für das Gespräch!