Zu Beginn der Veranstaltung gab Becker eine überblickshafte Einführung in die Kapitel ihrer Dissertation. Becker ging hier vor allem auf ehemalige Nationalsozialisten ein, welche nach dem 2. Weltkrieg als Militärberater und Raketenexperten die ägyptische Regierung berieten. Anschließend stellte Becker das fünfte Kapitel zur ersten antiisraelischen Kampagne der Nachkriegszeit ausführlicher vor. Dafür ging Becker zunächst auf die Spezifika des Antisemitismus des Nationalsozialismus (NS) ein. Dabei hob sie die zentrale Rolle des Großmufti von Jerusalem, Mohammed Amin al-Husseini für den Export der antisemitischen und antizionistischen Ideologie des NS in arabischen Raum hervor.
Die Folge der Kooperation des Nationalsozialisten mit dem Großmufti waren eine antisemitische und antizionistische Auslandspropaganda. So wurde durch das sogenannte Radio Berlin NS-Propaganda auf arabischer Sprache gesendet, die Muslimbruderschaft in Ägypten unterstützt und sogar einer NSDAP-Ortsgruppe in Kairo gegründet.
Seit 1933 unterstützte Al Husseini das NS-Regime, ab 1937 arbeitet er mit dem NS-Regime eng zusammen und war ab dem Jahr 1941 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs wiederkehrender Gast von Adolf Hitler in Deutschland. Nach dem Krieg wurde die NS-Ideologie weltweit geächtet, doch in den arabischen Staaten, v.a. in Ägypten, hallte sie unter anderem durch die vom Mufti verbreitete Propaganda nach. Al-Husseini nahm später erheblichen Einfluss auf die Arabische Liga und setzte sich stark für einen Krieg gegen Israel im Jahr 1948 ein.
Die eigentliche antiisraelische Kampagne folgte im Zuge des sogenannten Luxemburger Abkommens, welches im September 1952 von Vertretern der Bundesrepublik Deutschland und Israel unterzeichnet wurde. Seit 1948 hatten einige arabische Staaten durch einen Boykott Israels versucht, dieses in den Bankrott zu treiben. Den Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel wurde zunächst nur sehr wenig Beachtung geschenkt. Als jedoch bekannt wurde, dass Deutschland Israel für die Eingliederung mittelloser jüdischer Flüchtlinge rund 3,5 Milliarden DM zahlen würde und sich die Bundesrepublik zur Rückgabe von Vermögenswerten verpflichtete, versuchten die arabischen Staaten, die Ratifizierung des Abkommens zu verhindern. Hjalmar Schacht, ein ehemaliger NS-Funktionär, stachelte Ägypten und die Arabische Liga dazu auf, gegen das Abkommen vorzugehen. Es wurden vielfältige Versuche unternommen, die westdeutsche Bevölkerung dazu zu bewegen, sich gegen das Abkommen aufzubegehren und zu mobilisieren. Dies war umso bedeutsamer, als sich Anfang der 1950er Jahre noch 34 % der westdeutschen Bevölkerung selbst als Antisemiten bezeichneten. . Inhaltlich wurde Israel als der alleinige Aggressor im Nahen Osten dämonisiert sowie die die Shoa und ihre Folgen heruntergespielt.. Trotz dieser Versuche konnte die Ratifizierung nicht verhindert werden. Dennoch könne der Kampagne ein mittel- und langfristiger Erfolg zugeschrieben werden, da sie ein politisches Klima schuf, in der Israel als geopolitische Bedrohung wahrgenommen wurde und es erst im Jahr 1965 zu offiziellen diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik Deutschland kam.
In der anschließenden Fragerunde ging Dr. Becker auf alle Fragen gewissenhaft ein. Das JuFo Jena und der BSH Jena bedanken sich für den interessanten Vortrag und wünschen Dr. Becker für die Zukunft weiterhin viel Erfolg.