Plädoyers für eine informierte Debatte: BSH auf der Düsseldorfer Konferenz für Sicherheitspolitik

Ende Oktober war der BSH mit einem eigenen Panel auf der 1. Düsseldorfer Konferenz für Sicherheitspolitik vertreten. Im Mittelpunkt standen das Engagement des Verbandes in der bundesweiten Hochschullandschaft, die Debatte über sogenannte Zivilklauseln an deutschen Universitäten und das Konzept der hybriden Kriegsführung.

Der Bundesvorsitzende in der Diskussion zum Panel © Sven Jovy

"Akademischer Zündstoff": Der Stv. Bundesvorsitzende Sebastian Nieke bei seinem Vortrag zu sogenannten Zivilklauseln © Sven Jovy

Stefan Dölling, Historiker und Herausgeber des ADLAS, referiert zum Konzept des hybriden Krieges © Sven Jovy

„Anknüpfungspunkte zu sicherheitspolitischen Themen gibt es an deutschen Unis eigentlich zahlreiche“, fasste der Bundesvorsitzende Jan Fuhrmann seine einleitende Bestandsaufnahme zusammen, „doch die wenigsten Lehrenden motivieren Studierende, sich gezielt über ein Seminar hinaus damit zu beschäftigen – von den mauen Perspektiven einer wissenschaftlichen Karriere mit dem Forschungsgegenstand ‚Sicherheitspolitik‘ ganz zu schweigen.“ Das werde angesichts des großen Interesses am Bildungsangebot des BSH sowohl in der Fläche als auch bei den Veranstaltungen auf Bundesebene in Berlin immer wieder deutlich. „Viele Studierende berichten dann, dass sie deshalb  zum Masterstudium nach Großbritannien oder in die Niederlande wechseln möchten oder schon dort sind“, so Fuhrmann weiter. In beiden Ländern gibt es zahlreiche etablierte Studiengänge, die sich gezielt mit den Fragestellungen internationaler oder auch innerer Sicherheit beschäftigen.

 

Beiträge aus der Wissenschaft: Wann wenn nicht jetzt?

 

In Zeiten zunehmender gesellschaftlicher Debatten über Sicherheitspolitik – etwa angesichts der Spannungen in Osteuropa oder zunehmender Terrorgefahr in Deutschland – sei dieser Mangel hierzulande besonders bedauerlich, da die Wissenschaft gerade jetzt entscheidende Beiträge zu einer informierten und kritischen Debatte liefern müsse. „Dazu einen kleinen Teil beitragen zu können, macht für uns im BSH eine Kernmotivation aus“, sagte der Bundesvorsitzende.

 

Sein Stellvertreter Sebastian Nieke setzte sich in seinem Vortrag mit den sogenannten „Zivilklauseln“ als einem weiteren Aspekt der sicherheitspolitischen Diskussion an deutschen Universitäten auseinander. „Trotz mehrjährigen Debatte ist unklar geblieben, was eine solche Klausel eigentlich präzise regeln kann und regeln darf“, umriss Nieke einen zentralen Befund. Derzeit existierten in den Grundsatzdokumenten von über 50 Universitäten und Fachhochschulen in Deutschland Formulierungen, die als eine solche Klausel bezeichnet werden könnten. Ihre genauen Formulierungen unterschieden sich allerdings je nach Hochschule deutlich, und die Bandbreite reiche von reinen Bekenntnissen im Sinne der Friedensfinalität des Grundgesetzes bis hin zu restriktiven Ausschlüssen rüstungsbezogener Forschung.

 

Zivilklauseln: Unklarheiten begünstigen Instrumentalisierung

 

„Diese Unklarheit erleichtert leider auch Versuche, solche Klauseln zu instrumentalisieren, um die Auseinandersetzung mit sicherheitspolitischen Themen vom Campus zu verdrängen“, sagte Nieke. Er verwies dazu auf das Beispiel des Vorsitzenden der Münchner Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger, der als Professor an der Universität Tübingen von Studierenden aus dem linken Spektrum als „Kriegstreiber, der an der Universität nichts zu suchen“ habe, bezeichnet worden und dessen Seminare gestört worden waren.

 

Der BSH vertritt in Bezug auf sogennante Zivilklauseln seit mehreren Jahren eine gemeinsam mit den Hochschulgruppen erarbeitete Position der differenzierenden Vermittlung. „Eine reflexhafte Ablehnung ist hier nicht hilfreich. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, Diskussionsforen zu stellen, in denen Befürworter und Gegner solcher Klauseln gleichermaßen zu Wort kommen“, erläuterte Fuhrmann in der an das Panel angeschlossenen Diskussion.

 

Hybrider Krieg: Schlussfolgerungen aus der Geschichte

 

Mit einer konkreten Herausforderung der gegenwärtigen internationalen Sicherheitspolitik setzte ich abschließend Stefan Dölling, der Herausgeber des ADLAS – Magazin für Außen- und für Sicherheitspolitik, auseinander. „Hybride Kriegsführung ist derzeit in aller Munde“, sagte der Historiker, „aber ein Novum ist dieses Konzept auf keinen Fall.“ Er verdeutlichte dies anhand des Beispiels der „Sudetenkrise“ am Vorabend des Zweiten Weltkrieges, die sich in der Rückschau wie eine Blaupause des aktuellen russischen Vorgehens auf der Krim und in der Ostukraine lesen lasse.

 

 „Mobilisierung ethnischer Minderheiten, Einsatz irregulärer Kräfte ohne Hoheitszeichen, Informationskrieg – damals im Rundfunk statt im Internet – alles schonmal dagewesen“, so Dölling. Wenngleich Historiker generell vorsichtig seien, Schlüsse für die Gegenwart zu ziehen, ließen sich seiner Meinung nach aus dem Blick in die Vergangenheit doch einige relevante Erkenntnisse für den Umgang mit aktuellen „hybriden“ Bedrohungen herausarbeiten. So gelte es erstens, die lokalen Sicherheitskräfte verbündeter Nationen zu stärken und mit einer glaubwürdigen Abschreckungspräsenz in der Nachbarschaft zu kombinieren. Dabei, so Dölling, seien NATO und EU bereits gut aufgestellt. Noch wichtiger sei aber, das Mobilisierungspotential ethnischer Minderheiten als potenzielle „Fünfte Kolonnen“ durch politische Partizipation und soziale Integration zu reduzieren, wobei die Schaffung von Medienangeboten in der jeweiligen Sprache von entscheidender Bedeutung sei.

 

Die Düsseldorfer Konferenz für Sicherheitspolitik fand 2016 zum ersten Mal statt und setzte sich zum Auftakt sowohl mit Aspekten der äußeren als auch der inneren Sicherheit Deutschlands auseinander.