Wir haben uns über das rege Interesse an unserer aktuellen Stunde unter dem Motto "Protest gegen Kopftuch und Regime - wohin steuert der Iran?" gefreut.
In seinem einführenden Vortrag wiederholte Herr Prof. Epkenhans die letzten 45 Jahre Geschichte des Irans, beginnend mit der Revolution im Jahre 1979, die sich bis heute u.a. insofern auswirke, dass der Erhalt der Ideologie seit dieser Zeit große Bedeutung habe. Als Ursache der damaligen Bewegung wurde auch die Antwort auf staatliche Gewalt genannt.
Seitdem habe es mehrere große Protestwellen, z.B. die Studentenproteste 1999 gegeben. Eine der wesentlichen Veränderungen sei aber 2009 im Nachgang der gefälschten Präsidentenwahl eingetreten. Während es bis dahin eine relativ breit aufgestellte politische Landschaft innerhalb des Systems mit verhältnismäßig freien Wahlen gegeben habe, habe es nach 2009 einige Umbrüche gegeben. So sei etwa die republikanische Linke unterdrückt und mittlerweile komplett aus dem Parlament vertrieben worden. Auch sei das Vorgehen gegen Proteste seitdem gewaltbereiter. Auf Seiten der Protestanten würden die Geschlechterrollen öfter angesprochen.
Bezüglich des Staatsaufbaus wurde die Mischung aus gewählten Institutionen, inkl. des Präsidenten und des Expertenrats und nicht-gewählten Institutionen wie dem obersten Rechtsgelehrten (oftmals auch Revolutionsführer genannt) betont. Insbesondere die starken Befugnisse des Revolutionsführers mit Kontrolle über Justiz und Wächterrat sei bedeutend. Mit der Kontrolle über den Wächterrat kontrolliere er auch die Besetzung aller anderen Institutionen.
Weiterhin wurde im Staatsaufbau der Einfluss der Revolutionsgarden betont, die dem System treu ergeben seien und mittlerweile ca. 60% der Wirtschaft kontrollierten.
Doch trotz der starken Kontrolle über das System, würden nur noch ca. 20% der Iraner dieses unterstützen. Die Gesellschaft sei sehr stark polarisiert mit nur noch geringem Austausch unter Befürwortern und Kritikern. Doch auch im System seien Risse und Kritik am Vorgehen gegen die Proteste erkennbar.
Zusammenfassend erwartete Herr Prof. Epkenhans noch länger anhaltende Proteste, die es aufmerksam zu beobachten gelte. Die Sicherheitskräfte seien in der stark polarisierten Gesellschaft womöglich noch eher zu Gewalt bereit, was sich auch an den über 14.000 Gefangenen, 350 Toten und der extremen Gewalt in Gefängnissen zeige. Bedeutend könnte auch die sich abzeichnend erforderliche Nachfolge für den Revolutionsführer Chamenei sein.