United Nations Staff Officer Course 2023 - Eine interdisziplinäre Perspektive auf Friedensmissionen

Im Oktober 2023 bot der BSH erneut drei zivilen Studierenden die Möglichkeit, am United Nations Staff Officer Course (UNSOC) teilzunehmen. Der UNSOC-Kurs wird von der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg organisiert und durchgeführt und bereitet die zivilen und militärischen Teilnehmenden auf einen Einsatz in UN-Friedensmissionen vor.

Der Lehrgang zählte drei intensive Wochen und beinhaltete Vorträge, Diskussionen, Workshops und Gruppenarbeiten sowie eine abschließende Simulationsübung. UNSOC ist von den Vereinten Nationen zertifiziert und richtet sich in erster Linie an Soldat:innen, die mittel- oder langfristig in UN-Friedensmissionen entsendet werden. Da in diesen Missionen die Zusammenarbeit mit zivilen Kräften und Expert:innen elementar ist, gibt es auch immer ein Kontingent für zivile Teilnehmende - sowohl Studierende als auch Expert:innen aus der Friedensforschung oder Wahlbeobachtung. Diese gemischte Zusammensetzung soll auf die multidimensionale Arbeit in UN-Missionen vorbereiten und ist sowohl für Soldat:innen als auch für Zivilist:innen eine wichtige Übung. 

Die erste Woche beinhaltete im Großen und Ganzen das sogenannte “Legal Framework” für UN-Missionen – UN-Charta, Rules of Engagement und Grenzen von UN-Friedensmissionen. Ein Highlight war die Diskussion mit Martin Kobler, dem ehemaligen Botschafter und Special Representative to the Secretary General (SRSG) über die Situationen im Kongo und im Sudan. 

Die Einheit zum Thema "Zusammenarbeit mit Missionspartnern" beleuchtete die Zusammenarbeit zwischen zivilen, militärischen und polizeilichen Komponenten in Friedensmissionen, die sich auch in der Zusammensetzung von uns Kursteilnehmer:innen widerspiegelte. Wir erörterten die Einbeziehung staatlicher und nichtstaatlicher Akteure, der Zivilgesellschaft und externer Partner wie Privatunternehmen, der Weltbank und des IWF, die große Herausforderungen darstellen können: in einigen Friedenseinsätzen müssen über 1000 Nicht-Regierungsorganisationen in einem einzigen Land koordiniert werden. Insgesamt bot die Einheit wertvolle Perspektiven für Kooperation und Koordination in komplexen Einsatzumgebungen.

In der zweiten Woche traten konkretere und vor allem militärische Themen in den Vordergrund: Es ging um den Schutz von Personal, militärische Planungs- und Organisationsprozesse sowie Minenerkennung. Diese Erfahrungen sind für uns zivilen Studierende sehr wertvoll gewesen, um einen Einblick in die militärische Komponente von Friedensmissionen zu erhalten. Viele Expert:innen aus der Zivilgesellschaft und von Humanitären Organisationen vervollständigten folgend den Überblick. Hier ging es insbesondere um die Perspektive von Frauen in Friedensmissionen sowie um Conflict-Related Sexual Violence, ein Thema, welches unserer Ansicht nach immer noch nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die es eigentlich verdient. 

Besonders interessant für uns Zivilist:innen war eine Einheit zum internationalen humanitären System, welches eine präzise Erörterung der gegenwärtigen humanitären Bemühungen bot. Die Diskussionen befassten sich auch mit den Herausforderungen bei der Umsetzung des Konzepts "Do No Harm" und dem heiklen Gleichgewicht zwischen der Achtung der staatlichen Souveränität und der wirksamen Bereitstellung von Hilfe. Rechtliche Rahmenbedingungen wie der Verhaltenskodex des ICRC und das humanitäre Völkerrecht wurden ebenso beleuchtet wie die Komplexität der Unterscheidung zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten in modernen Konflikten. Insgesamt unterstrich das Seminar die Notwendigkeit anpassungsfähiger Strategien und kooperativer Rahmenbedingungen bei der Bewältigung immer komplexer werdenden humanitärer Krisen.

In der letzten Woche wurden wir selbst Teil einer Friedensmission im fiktiven Land „Carana“.  Dies war besonders interessant für die zivilen Teilnehmer:innen, da wir die Arbeit und Strukturen der militärischen Komponente eines Friedenseinsatzes so live miterleben konnten. Während der Simulation arbeiteten wir in zwei Stäben und lernten so die Kultur und Entscheidungsprozesse der Soldat:innen kennen. 

Außerdem prägend in dieser Woche waren die Erfahrungsberichte von einem zivilen Experten zur Situation in der Ukraine und von einem österreichischen Oberst zur Lage in Israel und Gaza. Beides waren Themen, die ganz aktuell auf der Tagesordnung standen. Während dieser Diskussionen waren wir gefühlsmäßig plötzlich nicht mehr nur auf einer theoretischen Ebene. Die Themen und Gespräche waren sehr lebensnah und tiefst beeindruckend für alle Teilnehmenden. 

Die Zusammensetzung aus vorrangig deutschen Soldat:innen sowie einem Austauschoffizier aus Sambia, einem Ausbilder aus Bosnien und Herzegowina und den zivilen Teilnehmenden führte oft zu einem intensiven Perspektivenaustausch und zu Diskussionen über Abläufe und Prioritäten. In den Workshops, die die Vorträge begleiteten, konnten so die Herausforderungen in UN-Friedensmissionen sehr realitätsnah simuliert werden. 

Unser Dank gilt dem BSH sowie der Führungsakademie der Bundeswehr für die einzigartige Möglichkeit, am United Nations Staff Officer Course teilzunehmen.