Düstere Prognose?

Am 22. November begrüßten wir Dr. Sascha Arnautovic bei uns in Trier und tauschten uns mit ihm über die vergangenen US-Wahlen und die damit einhergehenden Implikationen für Europa und Deutschland aus. Mehr zur Veranstaltung könnt ihr jetzt im Veranstaltungsbericht nachlesen!

Kurz nach den US-Wahlen gab es noch viel Redebedarf unter unser Mitgliedern! Deshalb hat es uns umso mehr gefreut, dass wir einen Vortrag mit dem Politikwissenschaftlicher Dr. Sascha Arnautovic organisieren konnten! Jener ist unter anderem als Lehrbeauftragter, Sektionsleiter der GSP und Geschäftsführer des Kölner Forums für Internationale Beziehungen und Sicherheitspolitik tätig. 

 

Zu Beginn skizzierte Dr. Arnautović die Herausforderungen der Gegenwart als Zeitalter der Polykris, in dem sich multiple, ineinander verwobene Krisen – wie Klimawandel, geopolitische Spannungen und gesellschaftliche Polarisierung – überlagern. Besonders für Deutschland betonte er den großen Handlungsbedarf in einer Zeitenwende, die nicht nur Risiken, sondern auch Chancen biete, um gesellschaftliche und politische Weichen neu zu stellen. Gleichzeitig warnte er vor dem Verlust einer lebendigen Debattenkultur, wie sie sich zunehmend in den USA zeige. Dort führe die politische Polarisierung zu einem Stillstand in der Kommunikation zwischen den Lagern. Diese Entwicklung könne auch Deutschland erfassen, wenn der Umgang mit Meinungsvielfalt und Konflikten nicht bewusster gepflegt werde.  

 

Ein weiterer zentraler Punkt war die Zukunft Europas, das sich seiner Meinung nach angesichts globaler Dynamiken zwangsläufig neu erfinden müsse. Nur durch eine engere Zusammenarbeit und die klare Definition seiner Rolle in einer multipolaren Weltordnung könne der Kontinent die bevorstehenden Herausforderungen bewältigen.Mit Blick auf die politische Lage in den USA wagte Dr. Arnautović eine bemerkenswerte Prognose: In vier Jahren werde das Land in vielerlei Hinsicht nicht mehr wiederzuerkennen sein. Er analysierte die zugrunde liegenden Spannungen und identifizierte zentrale Wahlkampfthemen. So sei der Gesprächsabbruch zwischen Demokraten und Republikanern ein großes Problem, da die politische Kommunikation nahezu erloschen sei. Während die Demokraten sich aus dem Dialog zurückzögen, radikalisierten sich Teile der Republikanischen Partei zunehmend und isolierten sich politisch. Besonders kritisch betrachtete er das Wahlsystem der USA, insbesondere das Electoral College, das durch Verzerrungen des Wählerwillens einen erheblichen Beitrag zur politischen Instabilität leiste.  Arnautović verwies auch auf das Project 2025der Heritage Foundation, das er als Gefahr für die Demokratie beschrieb. Dieses konservative Strategiepapier ziele darauf ab, Institutionen systematisch zu schwächen und die Gewaltenteilung zu untergraben. Hinzu komme die schrittweise Radikalisierung der Republikanischen Partei, die von ultrakonservativen und neokonservativen Strömungen geprägt sei. Diese Bewegungen sähen den Demokratiegedanken zunehmend als Hindernis für die Durchsetzung ihrer politischen Ziele.

 

In der Außenpolitik der USA zeichnete er ein düsteres Bild für die Zeit unter einer möglichen zweiten Trump-Präsidentschaft. Diese könnte eine protektionistische Wirtschaftspolitik verfolgen, die internationale Handelsbeziehungen belaste, und sich von den aktuellen klimapolitischen Fortschritten distanzieren, was besonders die europäische Wirtschaft treffen würde. Die Ablehnung internationaler Organisationen wie der NATO und die unklare Positionierung im Ukrainekrieg könnten zudem die globale Zusammenarbeit erheblich gefährden. Als zentrales Element der zukünftigen Weltordnung sah Arnautović die wachsende Rivalität zwischen den USA und China, die sich in den nächsten Jahren weiter verschärfen dürfte. 

 

Trotz der düsteren Prognosen betonte Dr. Arnautović die Notwendigkeit, auch bei tiefgreifenden Differenzen Kompromisse zu finden. Nur durch Dialog und eine bewusste Stärkung demokratischer Werte könne den gesellschaftlichen Spaltungen entgegengewirkt werden. Abschließend appellierte er an das Publikum, politische Teilhabe und gesellschaftliches Engagement als unverzichtbare Grundlagen für eine stabile Demokratie zu begreifen. Der Vortrag von Dr. Arnautović bot nicht nur eine fundierte Analyse, sondern auch eine eindringliche Mahnung, sich aktiv für demokratische Werte und internationale Zusammenarbeit einzusetzen. Mit seinen Ausführungen hinterließ er einen nachhaltigen Eindruck bei den Zuhörern.

 

Wir möchten uns noch einmal bei unserem Referenten sowie bei den Teilnehmenden für das rege Interesse bedanken!