Veranstaltungsbericht über den Vortrag zum Thema "Europäische Identität und Weltraumpolitik" von Professor Schrogl

Wo ist Europas Neil Armstrong?

Brauchen wir in Europa einen eigenen Neil Armstrong? Brauchen wir in Europa ein europäisches Weltraumereignis, das uns als europäische Gemeinschaft zusammenschweißt? Über diese Fragen debattierten wir von der BSH und der JEF (Junge Europäische Föderalisten) Tübingen gemeinsam mit Professor Kai-Uwe Schrogl im Rahmen seines Vortrags zum Thema „Europäische Identität und Weltraumpolitik“. Professor Kai-Uwe Schrogl ist Sonderberater für politische Angelegenheiten bei der Europäischen Weltraumorganisation, kurz ESA, und lehrt an der Universität Tübingen im Bereich Politikwissenschaft. 
 

Was sind für Euch Beispiele für europäische Identität? Mit dieser Frage beginnt Professor Schrogl seinen Vortrag bei der BSH und der JEF Tübingen. Der Euro, die Europa-Flagge, gemeinsame Werte und das grenzenlose Reisen sind die Antworten der anwesenden Zuhörenden. Und was ist mit dem Weltall, gibt es in diesem Bereich so etwas wie eine europäische Identität? 
 

Für Schrogl selbst können im Allgemeinen Projekte, die nicht einzelne Staaten allein, sondern europäische Staaten gemeinsam umgesetzt haben, zum Ausdruck einer europäischen Identität werden. Im All sieht er die ESA und von ihre umgesetzte Projekte, wie den Bau der neuen Ariane-Rakete oder auch die gemeinsam betriebenen Satelliten Copernicus und Galileo als Beispiele für eine europäische Identität an. Im Anschluss an seine Einstiegsfrage stellt Professor Schrogl den Anwesenden 10 Thesen über die Arbeit der ESA vor, die verdeutlichen, dass der Raumfahrt eine Bedeutung für eine europäische Identität zukommt. 
 

Der Weltraum ist weit mehr als ein Gegenstand von Forschung, sondern er hat eine strategische Bedeutung, zum Beispiel im Bereich Sicherheit. Nach internationalem Recht gehört das Weltall nicht einem Staat allein, sondern allen als Gemeinschaft. Er soll friedlich, beispielsweise für Forschungszwecke genutzt werden. Dennoch ist das Weltall auch aus militärischer Sicht von Bedeutung. Kommunikationssatelliten sind nicht nur für zivile Kommunikation, sondern auch für die militärische auf dem Schlachtfeld von Bedeutung. Das Beispiel der Ukraine, die über die Starlink Satelliten von SpaceX kommunizieren, zeigt die Abhängigkeit des Militärs von Satelliten und auch was es heißt auf ein kommerzielles Unternehmen angewiesen zu sein. 
 

Professor Schrogl betont den Vorteil der ESA in diesem Kontext. Die ESA ist eine multilaterale Organisation, der neben den EU-Ländern auch Großbritannien, Norwegen und die Schweiz angehören. In Europa entscheidet die Politik, was im Weltall passieren soll, und finanziert entsprechende Projekte. Dabei können die europäischen Fähigkeiten entgegen der Wahrnehmung der meisten Europäer*innen mit denen der USA und anderen Raumfahrtnationen mithalten. Europa hat in den Augen von Schrogl das Geld, den politischen Willen und auch das Knowhow, um im Weltall erfolgreich zu performen. So liefert der Navigationssatellit Galileo der ESA beispielsweise genauere Standortdaten als das amerikanische GPS. Mit der Huygens Sonde landete ein Produkt der ESA auf dem Saturnmond Titan. Das stellt die am weitesten von der Erde entfernteste Landung einer Sonde auf einem Himmelskörper dar. Die ESA hat viele solcher Erfolge, doch sie sind außerhalb von wissenschaftlichen Fachkreisen und der Politik wenig bekannt. 
 

In der anschließenden Diskussionsrunde ging es darum, wie die Erfolge der europäischen Raumfahrt besser kommuniziert werden können, um dadurch identitätsstiftend wirken zu können. Darüber hinaus diskutierten wir Anwesenden gemeinsam mit Professor Schrogl über die amerikanische Raumfahrt insbesondere das Monopol durch SpaceX, die Kooperation zwischen den Staaten in der ESA und wie bereits jetzt hybride Angriffe auf Satelliten im All stattfinden und was für einen Schutz der Satelliten werden kann. 
 

Am Ende der Veranstaltung gingen wir Zuhörenden mit jede Menge neuem Wissen über die ESA und europäische Weltraumpolitik nach Hause. Wir bedanken uns bei Professor Schrogl für den informativen Vortrag und bei der JEF-Tübingen für die Organisation.