Das verdrehte akademische Viertel – Bericht über die 14. Sicherheitspolitische Aufbauakademie

Vom 25. bis 28. Juli 2022 fand in Berlin die XIV. Sicherheitspolitische Aufbauakademie des Bundesverbands Sicherheitspolitik an Hochschulen (BSH) statt. Mit den 23 Teilnehmenden (TN) haben wir vier Tage lang das politische Berlin zum Thema “Extremismus, Terrorismus, Organisierte Kriminalität: Deutschlands innere Sicherheit“ unter die Lupe genommen.

Das diverse Programm, gekoppelt mit der starken Gruppe an TN, machte die 14. AAK zu einem wahren Erlebnis! Vom Bundeskriminalamt über die Deutsche Polizeigewerkschaft und den Thinktank ELNET versuchten wir der Frage auf den Grund zu gehen, wer für die innere Sicherheit Deutschlands zuständig ist, welche Stärken aber auch Schwächen es gibt und welche Akteure ein Problem für die Sicherheit Deutschlands darstellen können.

 

Den Auftakt machte Prof. Dr. Patrick Sensburg, Präsident des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr, mit einem Vortrag zur dt. Sicherheitsarchitektur und Struktur. Mit seinem Input richtete er den Fokus auf die Institutionen und Akteure, die eine Rolle und damit Verantwortung in der dt. inneren Sicherheit spielen. Die Anforderungen an dt. Sicherheitsbehörden seien dabei sehr vielfältig. An interessierten, vor allem aber kritischen Fragen, mangelte es nicht, als wir die Deutsche Polizeigewerkschaft besuchten. Dort nahm sich der Vorsitzende, Rainer Wendt, Zeit für unsere Gruppe und beantwortete zahlreiche Fragen zum Thema Organisierte Kriminalität. Gemeinsam diskutierten wir die Gesetzeslage, Rechtsextremismus und Probleme wie die Wahrnehmung der Polizei in der Gesellschaft sowie Überwachung und Telekommunikationsauswertung.

Bei grenzüberschreitenden Bedrohungen ist internationale Kooperation unabdingbar. Und so führte uns das Thema Geldwäschebekämpfung in die Deutsche Vertretung der Europäischen Kommission. Bei der Bekämpfung sei vor allem die verbesserte Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen den zuständigen Aufsichtsbehörden essentiell. Mit unserem Besuch beim BKA erweiterten wir deshalb unseren Fokus auf die Schnittstelle zwischen innerer und äußerer Sicherheit. Beim Thema „Europäische Polizeikooperation als Mittel gegen internationalen Terrorismus“ standen besonders die technischen Möglichkeiten sowie juristische Hürden in der internationalen Kooperation im Fokus. Gemeinsame Datenbanken und koordinierte (Straf-)Verfolgungen seien in der EU dabei erfolgreich und zeigten deutlich, dass innere und äußere Sicherheit nicht trennbar sind.

 

Dies wurde auch beim Vortrag von Dr. Justin Just, Bundesministerium der Verteidigung, und Dr. Raphael Bossong, Stiftung Wissenschaft und Politik, deutlich. Dr. Just führte unsere TN in die Hybriden Bedrohungen ein und verdeutlichte uns, dass allein die Definition dieses Bereiches extrem schwierig ist. Dies veranschaulichte er mit dem Zitat eines Kollegen: „Hybride Bedrohungen sind wie die Liebe. Du weißt es, wenn du es fühlst“. Dem gegenüber legte Dr. Bossong die Chancen und Probleme von Migration für Deutschland im Allgemeinen als auch die innere Sicherheit im spezifischen dar. Besonders das Potential von Migration & Integration für den dt. Arbeitsmarkt wurde hierbei betrachtet.

 

Mit einem Ausflug in den Deutschen Bundestag und zu Maik Außendorf (MdB) erweiterten wir unsern Horizont um die Perspektive der Cybersicherheit. Die kritischen Fragen unserer TN richteten sich besonders auf die Wehrhaftigkeit der inneren Sicherheit im Cyberraum, die Cyberstrategie der Bundesregierung sowie die Option und Fähigkeit für sog. Hackbacks. Zurück im analogen Leben widmeten wir uns im Bundesministerium des Inneren und für Heimat dem Rechts- und Linksextremismus. Um in einen fundierten Austausch treten zu können, ermöglichte uns Ministerialdirigent Schultz einen Einblick in die Zahlen- und Faktenlage und zeigte die spezifischen Bedrohungen des jeweiligen Extremismus auf. Auf dieses Wissen aufbauend, kamen wir mit unserem Alumni-Verband, dem Netzwerk für Außen- und Sicherheitspolitische Bildung e.V. zusammen, um über „Alte und Neue Extremismusformen“ zu diskutieren. Sebastian Hoffmeister und Steven Bickel ermöglichten uns einen Einblick in die Rolle des Verfassungsschutzes sowie Schwierigkeiten bei der Bekämpfung. Sensibilisiert für Extremismus thematisierten wir im Folgenden die Bedrohung des Antisemitismus. Im Gespräch mit Dr. Marius Strubenhoff, ELNET Deutschland e.V., sprachen wir unter der Frage: „Antisemitismus: (K)ein deutsches Problem!?!“ über Erscheinungsformen von Antisemitismus, Zahlen und Fakten sowie die Möglichkeit der Prävention.

 

Besonders gefreut haben wir uns über die Möglichkeit des Kamingesprächs mit Generalleutnant Laubenthal, dem Stv. Generalinspekteur der Bundeswehr. In einem offenen Austausch diskutierten wir die Wehrhaftigkeit der Zeitenwende, den russischen Angriffskrieg sowie die Folgen für die dt. Sicherheit. Gemeinsam sprachen wir auch über die Wahrnehmung der Truppe im Land, die Bedeutung der Grundausbildung und die Zukunftsfähigkeit der Deutschen Bundeswehr.

 

Abschließend können wir verstehen, warum es das akademische Viertel gibt. Jeder einzelne Referent hat sich mehr Zeit für uns genommen als angefragt, um dem Spannungsfeld der inneren Sicherheit Deutschlands auf den Grund gehen zu können und jeder Frage eine zufriedenstellende Antwort zukommen zu lassen. Wir bedanken uns hiermit bei allen ReferentInnen und TN für ihre Zeit und ihr Engagement, die diese 14. AAK zu dem gemacht hat, was sie war: ein Austausch auf sehr hohem Niveau, gekennzeichnet durch kritische Diskussionen und den Versuch, Deutschland – zumindest in der Theorie – ein bisschen sicherer zu machen. Wir freuen uns schon jetzt auf die kommenden Veranstaltungen des BSH und die AAK im Jahr 2023!