Vernetzte Sicherheit – XXXVIII. Sicherheitspolitische Grundakademie

Vom 07. bis zum 09. September 2020 fand die XXXVIII. Grundakademie statt – aufgrund der Covid-19-Situation bereits zum zweiten Mal in digitaler Form. 24 TeilnehmerInnen erkundeten vier Tage lang die Welt der Sicherheitspolitik und konnten exklusive Eindrücke sammeln.

Die sicherheitspolitischen Grundakademien des BSH dienen als Einstieg in das breite Feld der Sicherheitspolitik und sollen den TeilnehmerInnen einen ersten Eindruck in Theorie und Praxis vermitteln. Entsprechend breit gefächert war das Programm der 38. Sicherheitspolitischen Grundakademie, die Anfang September stattfand. Wir sprachen mit VertreterInnen aus Wissenschaft und Forschung, Theorie und Praxis sowie ThinkTanks und Institutionen über diverse Aspekte der Sicherheitspolitik.

 

Ein überaus aktuelles Thema der Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands ist die EU-Ratspräsidentschaft, die die BRD seit Juli innehat. Über die hiermit verbundenen Handlungsmöglichkeiten sprachen wir mit Dr. Nicolai von Ondarza von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Obwohl die allgemeinen Aufgaben der Ratspräsidentschaft eher schwinden, seien die Erwartungen an Deutschland dennoch sehr groß, ebenso wie die Pläne vor Ausbruch der Coronapandemie. Nichtsdestotrotz könne Deutschland sowohl im Hinblick auf den Umgang mit China also auch bei den Themen Brexit, Belarus, sowie im Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei eine unterstützende Rolle einnehmen. China sei noch Anfang des Jahres das größte Thema gewesen, nun steht alles unter dem Covid-Stern. Barbara Pongratz, Mercator Institute for China Studies, attestierte der aktuellen Krise jedoch sogar einen positiven Einfluss auf die Einheit der EU hinsichtlich der nationalen China-Politiken. In Anbetracht der neuen Realitäten, die Chinas Entwicklung sowie die offensive Politik der Volksrepublik aufwirft, gäbe es dennoch einen gravierenden Mangel an Kohärenz der europäischen China-Politiken. Diese ergeben sich aus partikularen Interessen der einzelnen Mitgliedsstaaten, die oft wirtschaftlicher oder politischer Natur seien.

 

Ein weiteres Highlight der Akademie stellte der virtuelle Besuch beim Verteidigungsattaché Estlands dar, der den TeilnehmerInnen Fragen aus den verschiedensten Bereichen beantwortete. Themen wie der Umgang mit Russland und die baltisches Bedrohungswahnehmung, aber auch Estlands Vorreiterrolle in der Cybersicherheit wurden behandelt.

 

Neben Cyber-Herausforderungen stand auch das Thema neue Technologien auf dem Programm. Mit Fregattenkapitän Prof. Dipl.-Ing. Frank Reininghaus von der Universität Bremerhaven sprachen wir über die technischen Grundlagen von Unmanned Aerial Vehicles, die der Volksmund gerne zusammenfassend Drohnen nennt. Welche Definitionen gibt es, welche Rechtsgrundlagen wurden beschlossen, und welche konkreten sicherheitspolitischen Bedrohungen gehen von UAVs aus? Die Erweiterung des Vortrags von Prof. Reininghaus bildete der spannende Input von Dr. Ulrike Franke vom European Council on Foreign Relations. Mit ihr sprachen wir über die aktuelle Drohnendebatte in der deutschen Bundeswehr und über den Einsatz künstlicher Intelligenz sowie anderer Technologien in der Kriegsführung.

 

In Anbetracht all dieser Themen – wie steht es nun also um die deutsche Sicherheitspolitik? Um es mit den Worten von Dr. Philip Jan Schäfer vom Zentrum Informationsarbeit der Bundeswehr zu sagen: “Es ist kompliziert.” Der erweiterte Sicherheitsbegriff, die klassische Bedrohungsabwehr sowie das Prinzip der Human Security (Stichwort Responsibility to Protect) werfen viele wichtige Aufgabenfelder auf, die bearbeitet werden müssen. In Deutschland geschieht dies über einen vernetzten Ansatz. Dies bedeutet, dass Sicherheitspolitik zwar federführend vom Auswärtigen Amt gestaltet wird, allerdings stets in enger Zusammenarbeit mit den Bundesministerien des Inneren, der Verteidigung sowie für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Hinzu kommt noch der enge Einbezug von ThinkTanks, NGOs und IGOs, je nach Themengebiet.

 

Einen Eindruck, wie diese vernetzte Arbeit in der Praxis aussehen könnte, gewannen die TeilnehmerInnen in einer Krisensimulation. Das vierköpfige Team von Crisis Exploit konzipierte ein komplexes Krisenszenario, welches die TeilnehmerInnen in Teams lösen mussten. Es erwarteten sie diplomatische Zwischenfälle, FakeNews und handfeste Sicherheitspolitische Entscheidungen rund um eine Wasserkrise – ein komplexes Thema, das durch den Input von Dr. Franziska Brantner, Mitglied der Grünen im Deutschen Bundestag, am nächsten Tag noch untermauert wurde. Mit ihr sprachen wir über den Zusammenhang von Klimawandel und Sicherheit.

 

All diese Inhalte und die spannenden, teilweise auch kontroversen Diskussionen haben uns wieder einmal die Breite des sicherheitspolitischen Themenkomplexes vor Augen geführt. Ein herzlicher Dank geht an dieser Stelle an die Teilnehmenden der 38. Grundakademie, sowie natürlich an die ReferentInnen, ohne die diese Veranstaltungen nicht möglich wären. Wir freuen uns bereits darauf, auch im kommenden Jahr Studierenden und jungen Graduierten mit unseren Grundakademien einen ersten Einblick in dieses spannende Feld geben zu können -- hoffentlich auch wieder in Präsenz in Berlin.