Regelmäßig bietet die Führungsakademie der Bundeswehr (FüAkBw) in Hamburg den UNSOC Kurs an. UNSOC, das erste von vielen Akronymen: United Nations Staff Officer Course. Es handelt sich um ein UN-zertifiziertes Modul, das Stabsoffiziere für ihren Einsatz in UN-PKM-HQ (noch so ein Akronym: UN-Peacekeeping-Mission-Headquarters) vorbereitet. Für jeden UNSOC-Lehrgang schreibt der BSH drei Plätze für engagierte, zivile Mitglieder aus. Wir lernten im dreiwöchigen Kurs die komplex verwobenen Organisationsstrukturen der UN kennen. Wir wurden mit den Prinzipien und Methoden von Friedenseinsätzen bekannt gemacht und wendeten das Gelernte in einem mehrtägigen Planspiel an. Wir, das sind Roland von Kintzel, Lukas Huckfeldt und Timon Rüd.
Die typische UN-Vielfalt war auch in unserem Kurs vertreten. 23 Teilnehmende aus sechs verschiedenen Ländern saßen in gemeinsamen, intensiven Unterrichtseinheiten. In der ersten Woche lernten wir von hocherfahrenen DozentInnen die rechtlichen und strukturellen Grundlagen von Friedensmissionen. Einsteigend mit der Grundlage schlechthin, der UN-Charta, sowie die fundamentalen Themen Human Rights und Rule of Law. Über die drei Wochen begleiteten uns auch immer die „Pillars of a UN-PKM“. Die fünf Komponenten, auch Säulen genannt, bilden die politischen, entwicklungspolitischen, polizeilichen, militärischen und logistisch-unterstützenden Komponenten einer jeden Mission ab. Sie definieren den Arbeitsbereich der zivilen und militärischen Akteure. Das PKM Personal setzt sich aus verschiedenen Nationalitäten zusammen, wodurch unterschiedliche kulturelle Hintergründe und Arbeitsweisen aufeinandertreffen, was durchaus zu Herausforderungen führen kann. Um so wichtiger ist es deshalb, klare Verantwortungs- und Verwaltungsstrukturen zu haben. Oftmals dynamische Situation im Missionseinsatz fordern schnelle und informierte Entscheidungen, wobei sich an der Chain of Command (CoC) orientiert wird. Oberste Entscheidungsinstanz und Verantwortung trägt in PKM der oder die SRSG, Special Representative of the Secretary General, der oder die also direkt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen unterstellt ist und diesem Bericht erstattet.
Besondere Highlights waren der Besuch von ehemaligen SRGS. So berichtete beispielsweise Ellen Løj (dänische Diplomatin) unverblümt von ihrer Zeit, wo sie den Friedensmissionseinsatz der UN in Mali führte. Von ihren bewegenden Berichten sind uns vor allem im Kopf geblieben, wie sehr sie ihre Verantwortung darin sah, die verschiedenen Pillars der PKM zu verbinden und wie sie sich für einen nachhaltigen Austausch der einzelnen Missionskomponenten eingesetzt hat. Sie erklärte uns, wie sie wahrnahm, dass sich einzelne Komponenten der PKM gegenseitig behinderten oder Einsätze ineffizient umgesetzt wurden wegen schlechter Absprache. Ihre Herzensangelegenheit war es deshalb, die Verantwortlichen der einzelnen Missionskomponenten zusammenzubringen, um für persönlichen Austausch zu sorgen und für Querschnittsthemen zu sensibilisieren. Für die Mission bedeutete dies einen Symbiose-Effekt, wodurch Herausforderungen schneller und lösungsorientierter überwunden werden konnten. Uns bewegten auch ihre Schilderungen, als sie in der amerikanischen Botschaft festsaß, während ihr Hauptquartier unter Beschuss geriet und wie sie trotzdem versuchte, ihrer Verantwortung und Führung in akuter Krise gerecht zu werden.
Eine ganz andere Herangehensweise, wie man eine PKM leiten kann, lernten wir von Martin Kobler, dem ehemaligen SRSG in der demokratischen Republik Kongo, der zuvor als deutscher Botschafter in Pakistan eingesetzt war. Er berichtete uns von seiner Verantwortung, militärische Einsätze zu befehlen, um auch mit robusten Mitteln die Ziele des PKM-Mandates zu erreichen.
Neben dem straffen inhaltlichen Programm kam auch der private Austausch mit den „neuen Kameraden“ nicht zu kurz. So lernten wir TeilnehmerInnen uns auf gemeinsamer Hafenrundfahrt kennen und hatten bei gemeinsamen Mahlzeiten in der Kasernen-Kantine, sowie dem Offiziers-Casino Zeit für Gespräche. Als zivile Teilnehmer konnten wir so sehr persönliche Einblicke erhalten, wie das Leben als Offizier im Auslandseinsatz ist. Die meisten militärischen Kursteilnehmer haben bereits in Auslandseinsätzen gedient und nahmen in Vorbereitung auf kommende Verwendungen in Mali, Südsudan und Libanon teil.
In der dritten und letzten Woche wurden wir im Rahmen des Planspiels MAPEX Teil eines Stabes, der über die militärische Komponente eines Einsatzes im fiktiven Wüstenstaat Carana befahl. Die Situation musste analysiert und eventuelle Veränderungen berichtet werden. Der Chef des Stabes musste in regelmäßigen Briefings über die Lage und mögliche Optionen unterrichtet werden. Militärische Entscheidungsprozesse live mitzuerleben war für uns, die im Vergleich deutlich geringere Erfahrung mit militärischen Strukturen und Abläufen hatten, eine völlig neue Welt. Es war hochinteressant, aber auch herausfordernd, sich in die Kultur und Routinen des Militärs hineinzudenken und über Optionen und Entscheidungen zu diskutieren.
Voller neuer Eindrücke blicken wir auf die zurückliegenden drei Kurswochen in der Hansestadt zurück. Unser besonderer Dank gilt der Führungsakademie, die uns die Unterkunft zur Verfügung gestellt hat, den KursteilnehmerInnen für die lehrreichen Diskussionen und allen voran unseren DozentInnen und GastreferentInnen, die dem Kurs das gewisse Extra gegeben haben mit neuen, nicht-alltäglichen Einblicken, die uns über den Tellerrand haben hinausblicken lassen.