Die Veranstaltung wurde eröffnet durch einen kurzen Einblick in die jungen Strukturen der HSG und ihrer Verbindung zum Bundesverband Sicherheitspolitik an Hochschulen (BSH), wobei neben der Chance der sicherheitspolitischen Weiterbildung in der Hochschulgruppe und dem BSH auch der soziale Aspekt herausgestellt wurde, im Kontext des BSH andere engagierte Menschen kennenzulernen.
Der zweite Teil der Veranstaltung hatte zum Ziel darzustellen, für welche Vielfalt an sicherheitspolitischen Themen sich die gegenwärtigen Mitglieder der HSG interessieren und welche Freiheit genauso auch für die zukünftigen Mitglieder besteht, für Veranstaltungen jeglichen Formats von Podiumsdiskussionen bis Stammtische ganz verschiedene eigene Interessensschwerpunkte in die HSG einzubringen. Um eine solche interdisziplinäre Auseinandersetzung mit Sicherheitspolitik vorzuführen, war eine kleine Diskussion von Begriffen aus der Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung vorbereitet worden, mehr mit der Intention (wissenschaftliche) Fragen aufzuwerfen als Antworten auf diese zu formulieren. Dahinter stand der Gedanke, dass sich die HSG nicht im luftleeren Raum befindet, sondern mehr oder minder stark beeinflusst wird durch insbesondere deutsche Diskurse um sicherheitspolitische Themen. Die Nationale Sicherheitsstrategie wirkt dabei einerseits als Agenda-Setter im deutschen Diskurs, in dem Sinne, dass sie aggregierter Ausdruck der politischen Analyse der Bundesregierung von Deutschlands gegenwärtigem sicherheitspolitischem internationalem Umfeld, der Konflikt- und Bedrohungsperzeption der Bundesregierung und ihrer strategischen Ansätze dementsprechender sicherheitspolitischer Neuausrichtung oder Kontinuität deutscher Politik ist. Andererseits muss die Sicherheitsstrategie auch als Gegenstand wissenschaftlicher Beschäftigung gesehen werden, die aufgrund der Multidimensionalität der Sicherheitsstrategie auch multi- und interdisziplinär gedacht werden sollte. In diesem Sinne diskutierten wir unter anderem den in der Sicherheitsstrategie verwendeten Begriff der „komplexen Bedrohungen“ in einer ökonomischen Dimension (z.B. Sicherheit von kritischer Infrastruktur), einer sozialen/soziologischen Dimension (z.B.: Wie verhalten sich Gesellschaften unter dem Einfluss von politischem Extremismus, Propaganda u.Ä.?) und in einer historischen Dimension bzw. die Geschichte des Begriffs selbst betrachtend (z.B. Wie löste der internationale Terrorismus eine veränderte Konfliktperzeption aus von zwischenstaatlichen Kriegen als größte Gefahr für den Staat zu asymmetrischen Bedrohungen und Kriegen?).
Ein weiterer Paradigmenwechsel wurde mit dem in der Sicherheitsstrategie verwendeten Begriff der Multipolarität beleuchtet als eine mögliche Figuration des internationalen Systems aus neorealistischen Ansätzen in den Internationalen Beziehungen heraus. Dabei wurde das Konzept historisch kontextualisiert durch den Kalten Krieg als Beispiel für Bipolarität, die je nach Auffassung in der Länge differierende Zeit nach dem Kalten Krieg für Unipolarität und die durch das starke Wachstum Chinas ökonomischen und militärischen Potentials sowie Russlands Invasionen in Georgien und vor allem in die Ukraine angestoßenen Diskurse um eine erneute Bipolarität zwischen den USA und China oder eine Multipolarität mit den USA, China, Russland und der EU als relevanten Polen, wobei sich die nationalen/regionalen Diskurse natürlich stark unterscheiden entsprechend des eigenen Selbstverständnisses in einem derartig konzeptualisierten internationalen System. So spielt zum Beispiel in der Debatte in Deutschland die Herausforderung eines insbesondere seit dem zweiten Weltkrieg im Völkerrecht teilweise normierten Wertesystems durch Russland und China eine Rolle, während in letzteren das hauptsächlich die ‚westliche Hegemonie‘ herausfordernde Moment die Multipolarität/Bipolarität des internationalen Systems charakterisiert.
Die besonders auf Russland bezogenen aber China nicht ausschließenden, gemeinhin als Zeitenwende zusammengefassten Bewertungen über außen- und sicherheitspolitische Veränderungen, besser vielleicht bezeichnet als Disruptionen, um Deutschland herum, wurden schließlich zum Abschluss vor dem Hintergrund des bereits Diskutierten kritisch hinterfragt insbesondere mit Blick auf die Schwierigkeit, dass obwohl die Befähigung der Bundeswehr zur Landes- und Bündnisverteidigung den öffentlichen Diskurs in Deutschland seit der Bundestagsrede von Olaf Scholz am 27. Februar 2022 stark dominiert, es kurz gesagt für komplexe Bedrohungen und Probleme keine einfachen Lösungen gibt.
Die Hochschulgruppe Internationale Sicherheitspolitik freut sich sehr über das große Interesse und hofft viele der neuen Gesichter bei weiteren Veranstaltungen und Treffen der HSG wiederzusehen und bald auch als neue Mitglieder begrüßen zu können.