Der Weltraum als Austragungsort neuer Konflikte

Der Weltraum als Sphäre für Bedrohungen und Risiken der Sicherheit ist nicht gänzlich neu auf der sicherheitspolitischen Agenda. Bereits im Kalten Krieg kam der orbitalen Infrastruktur eine zivile und militärische Bedeutung zu. Sowohl die Kommunikation, das Ausspähen von Gegnern als auch das nukleare Frühwarnsystem waren stark abhängig von Satelliten-Systemen.

 

Zu diesem gegenwärtig hoch aktuellen, aber in der fachfremden Öffentlichkeit noch recht unbekannten Thema, hat die Hochschulgruppe für und Außen- und Sicherheitspolitik Halle ein Q&A mit dem Titel "Der Weltraum als Austragungsort neuer Konflikte?" organisiert. Als Experte konnte Torben Schütz, Associate Fellow für das Programm Sicherheit, Verteidigung und Rüstung der Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), akquiriert werden.

 

In seinem Eingangsstatement informierte Herr Schütz über die naturwissenschaftliche Verortung des Orbits sowie seine gegenwärtige wirtschaftliche und militärische Nutzung. Den Schwerpunkt setzte der Referent jedoch auf den Aspekt der Bedrohungen im Weltraum. Hierbei nahm er eine Unterteilung in aktive bzw. passive menschengemachte Bedrohungen sowie natürliche Bedrohungen, wie zum Beispiel Trümmerteile von alten, inaktiven Objekten im Orbit, vor. Besonders die aktive menschengemachte Bedrohungen sind nach der Expertise von Herr Schütz ein zukünftig relevantes Konfliktfeld und damit eine mögliche Quelle für nationale bzw. internationale Unsicherheit. Dabei teilte er die militärischen Bedrohungsarten in bodengebundene Waffen, Weltraumwaffen, Cyberangriffe und elektronische Kampführung ein. Insbesondere die bodengebundenen Anti-Satelliten-Waffen (ASAT) sind bereits von Staaten wie den USA, Israel und Russland erfolgreich getestet worden. Diese ASAT basieren zum gegenwärtigen Stand der Technik noch auf der Grundlage kinetischer Waffensysteme. Insgesamt sind sowohl zivilgenutzte Satelliten als auch militärische genutzte Systeme, durch die Möglichkeit sie von der Erde aus abzuschießen, äußerst verwundbar. 

 

Als einen weiteren interessanten Aspekt verdeutlichte Herr Schütz die Veränderung der Struktur der Akteure, die den Weltraum kommerziell und militärisch nutzen. Unter den staatlichen Beteiligten hat China seine Aktivitäten enorm gesteigert. Bei den nicht-staatlichen Institutionen gebe es eine generelle Zunahme der Zahl von Raketenstarts, was zu einer weiteren Zunahme der Komplexität der Sicherheitslage im Weltraum führe.

 

Einige Staaten, wie zum Beispiel Frankreich, China und die USA, haben sich mit dem deutlichen Ausbau der orbital gestützten Aktivitäten ihrer Streitkräfte und dem Ausarbeiten von Strategiepapieren für den Weltraum bereits positioniert. Dies verdeutlicht, wie diese Nationen bereits zukünftige sicherheitspolitische Interessen im Weltraum definieren bzw. deren Durchsetzung garantieren zu versuchen. Die NATO hat die Relevanz dieser neuen potenziellen Bedrohung für das Bündnissystem erkannt und den Weltraum als operationales Einsatzgebiet ausgewiesen. Dies wirft jedoch weitere Fragen auf wie zum Beispiel, ähnlich wie im Cyberraum, Unklarheit im Umgang mit der Beistandsverpflichtung (Artikel 5) besteht, da in beiden Einsatzgebieten keine territorialen Grenzen existieren und die Verursacher der Angriffe schwer zurückzuverfolgen sind. Ein weiteres Problemfeld, welches Herr Schütz aufzeigte, ist die Abwesenheit von Rüstungskontrollverträgen und Verträgen über die Entmilitarisierung des Weltraums - die wenigen und eher uneffektiven bereits existierenden Verträge stammen noch aus Zeiten des Kalten Krieges und sind für die technologischen Expansion in den Orbit nicht mehr  angemessen. Diese sollten mit dem Ziel der Entmilitarisierung des Weltraumes wieder auf die sicherheitspolitische Agenda der Entscheidungsträger gerückt werden.

 

Torben Schütz hat sowohl in seinem sehr umfassenden Vortrag als auch in der konstruktiven Diskussion mit den Veranstaltungsteilnehmern gezeigt, welche Risiken bereits heute innerhalb des Weltraums für unsere nationale bzw. internationale Sicherheit existieren. Mit der weiteren Integration der konventionellen Streitkräfte in das Weltall wird auch mit hoher Wahrscheinlichkeit die militärische Nutzung insgesamt steigen und damit auch in den verstärkten Fokus zukünftiger Konflikte rücken. Gerade die abschließende Diskussion und Möglichkeit Fragen an den Fachexperten zu stellen, wurde intensiv genutzt und von beiden Seiten sehr begrüßt.

 

Wir bedanken uns hiermit nochmal recht herzlich bei Torben Schütz und allen Teilnehmern für die gelungene Veranstaltung!