Veranstaltungsbericht - Die große Unbekannte - Zivile Verteidigung in Deutschland

Unter dem Titel „Die große Unbekannte – Zivile Verteidigung in Deutschland“ eröffnete die Kölner Hochschulgruppe für Sicherheitspolitik am 22. Januar das Jahr 2020! Als Referenten durften wir Dr. Wolfram Geier, Abteilungsleiter im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), bei uns an der Universität zu Köln begrüßen. Er referierte über den Zivil- und Katastrophenschutz sowie über das Konzept der „Zivilen Verteidigung“ als ein Element der Gesamtverteidigung.

 

„Haben wir ein Radar, dass in der Lage ist, den schwarzen Schwan zu sehen?“ Mit dieser Metapher beendete Dr. Wolfram Geier seinen Vortrag an der Universität zu Köln. Der schwarze Schwan -  ein überraschendes, unerwartetes Phänomen, eine Bedrohung, die vielleicht unter das Radar fällt und von der wir gar nicht wissen, dass es sie gibt? Das Gesamtsystem jedenfalls sehe sich, so führte es Dr. Geier vorher aus, zahlreichen Herausforderungen gegenüber: politische, sozio-ökonomische, ökologische, technologische und auch psychosoziale Phänomene seien hier vordergründig zu nennen. Aber auch der demographische Wandel spiele „mit all seinen Facetten in das Gesamtsystem herein“, denn er tangiere das Fundament des Hilfeleistungssystems, nämlich den operativen Bereich, die Aufgabendurchführung, auf kommunaler Ebene. Damit gebe es eine breite Klaviatur an Veränderungsprozessen, die den Bevölkerungsschutz vor neue Aufgaben stelle. Als Folge dessen habe man mit neuartigen Bedrohungen zu kämpfen, auf die man sich einstellen müsse. Versorgungsangriffe auf oftmals privatisierte Infrastrukturen, neue Generationen von Viren, CBRN-Gefahren (Bedrohungen chemischer (C), biologischer (B) oder radiologischer (R) bzw. nuklearer (N) Natur) vor deren Auswirkungen man Schutz gewähren müsse, aber auch moderne Kriegsarten, beispielsweise die hybride Kriegsform, könne man, so der Referent, in diesem Atemzug zu nennen. Besonders bedrohlich seien ebenso Risiken aus dem digitalen Bereich. Nur behördenübergreifende Maßnahmen seien in der Lage, sich diesen Bedrohungen entgegenzustellen und eine suffiziente Antwort zu liefern. Insgesamt betrachtet sei die Pyramide des Hilfeleistungssystems, bestehend aus dem breiten Fundament der operativen Durchführung auf kommunaler Ebene, der Landesgesetzgebung und dem Bund als Spitze der Pyramide, jedoch stabil und gut aufgestellt.

 

Neben dem alltäglichen Bevölkerungsschutz führte der Abteilungsleiter in seinem Vortrag auch in das Konzept der „Zivilen Verteidigung“ ein. Diese Konzeption habe unter anderem die Aufgabe, im Spannungs- oder Verteidigungsfall die staatliche Ordnung sowie die Sicherung und Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen und bilde – gemeinsam mit der militärischen Komponente – die Gesamtverteidigung. Die „Zivile Verteidigung“ basiere auf vier fundamentalen Säulen: die erste Säule sei der Zivilschutz, die zweite die Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsgewalt, die dritte Säule beziehe sich auf den Schutz der kritischen Infrastruktur, während die vierte Säule die Unterstützung der Streitkräfte darstelle. Die zweite Säule genieße in Zeiten neuartiger Bedrohungen eine besondere Renaissance, ebenso wie die dritte Säule. Allgemein sei das Konzept jedoch „auf das alte Kriegsbild ausgerichtet“ und müsse an einigen Stellen nachjustiert werden.

 

Und wie sieht es letztendlich mit den schwarzen Schwänen aus? Dr. Geier zeigte sich diesbezüglich optimistisch: „Schwarze Schwäne sind erkennbar, wir haben nur das richtige System noch nicht gefunden.“ Um dies effektiver zu gestalten, müsse der Austausch zwischen der Wissenschaft und der Praxis weiter intensiviert werden. Eine Transferleistung von der wissenschaftlichen Seite in Politik und Öffentlichkeit sei fundamental, um schwarze Schwäne zu finden. Weitere Ansätze für eine Modifizierung des Systems sah der Abteilungsleiter in einem Ausbau der Früherkennung, in der Präventionsarbeit und in einem integrierten Krisenmanagement, welches auch die private Seite als Anbieter von Infrastruktur in die staatliche Seite integriert. Außerdem benötige man ein gutes Risikobewusstsein und Kommunikation.