Bericht Online-Seminar: Der Informationsraum als Operationsraum

Am 27.01.2021 war Dr. Philip Jan Schäfer vom Zentrum Informationsarbeit Bundeswehr in unserem Online-Seminar "Der Informationsraum als Operationsraum: Kommunikation als Waffensystem?" zu Gast.

Desinformationen begegnen uns immer häufiger im Alltag. Sie sind Teil des Informationsflusses, den wir aufnehmen und verarbeiten. Somit ist es manchmal gar nicht so einfach die richtigen Fakten aus einer Nachricht herauszufiltern. Diese Schwierigkeit machen sich die Erfinder und bewussten Verbreiter solcher Desinformationen zu Nutzen. Aber inwiefern und zu welchem Ausmaß kann das Narrativ so geformt werden, dass eine Art “Waffensystem” entsteht? Das diskutierte der Bundesverband Sicherheitspolitik an Hochschulen am 27.01.2021 mit Dr. Philip Jan Schäfer vom Zentrum Informationsarbeit Bundeswehr.


Der Titel und die Frage “Der Informationsraum als Operationsraum: Kommunikation als Waffensystem?” des Online-Seminares wurden bereits zu Beginn von Herrn Schäfer beantwortet, um die genauen Hintergründe während der nächsten eineinhalb Stunden zu analysieren: Kommunikation sei kein Waffensystem.


Eine Umfrage ergab, dass eine Mehrheit der ZuschauerInnen den Informationsraum als genauso wichtig oder wichtiger ansieht als die konventionellen Operationsräume Luft, Land und See. Mit diesem Ergebnis stiegen die Teilnehmer in die thematische Tiefe des Seminars und fünf von Herrn Schäfer aufgestellte Thesen ein:

 

 

  1. Desinformation füge sich in ein hybrides Szenario, also ein nicht alleinstehendes Szenario ein. Innerhalb dieses Szenarios würde die Desinformation bewusst unterhalb der völkerrechtlich definierten Schwelle gehalten.
  2. Die Verbreitung von Desinformation finde in einer dynamisierten Öffentlichkeit statt. Was bedeutet, dass die Bevölkerung als Medienschaffende angesehen werden.
  3. Die Wirkung von Desinformation lasse sich nicht steuern. Ziel ist die generelle Schwächung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und ein Orientierungsverlust.
  4. Die Reaktion eines Ziels von Desinformationskampagnen (z.B. die Versicherheitlichung ganzer Lebensbereiche) fließe in die Kalkulationen der Verbreitenden von Desinformation mit ein.
  5. Staatliche Akteure können durch einen ganzheitlichen, vernetzten Kommunikationsansatz Resilienz gegenüber Desinformation schaffen.

 

Bevor nun diese Thesen weiter beleuchtet wurden, gab Dr. Schäfer Einblick in die Grundlagen, die Strategie, und die Definition von Desinformation. Als Grundlage galten zwei, durch die Ukraine-Krise, zeitlich differenzierte NATO-Dokumente sowie das Weißbuch der Bundesregierung.


In der praktischen Handhabung von Desinformation hob Philip Schäfer im sicherheitspolitischen und militärischen Kontext den Unterschied zwischen “täglicher” und “Krisen- bzw. Konfliktberichterstattung” hervor. Hier seien politische Begriffe von Wichtigkeit, um richtig und genau zu unterscheiden. Dies hat auch Auswirkung auf die Wirkungszusammenhängen und das Narrativ im Gesamten. Denn Kommunikation sei eine Einheit aus den Sektionen Information, Mitteilung sowie Verstehen, und nicht ausschließlich als kausales Verständnis zu sehen. Vielmehr stehe die Interpretation der Botschaft in der Macht des Empfängers.


Trotz dessen könnten Narrative geformt werden, in denen die Elemente aus der Vergangenheit so zusammengestellt werden, dass sie die Gegenwart erklären. So könnten auch konkurrierende Narrative geschaffen werden, die dann eine Gesellschaft spalten.


Wenn Desinformationen verbreitet werden, könne dies negative Konsequenzen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt haben, aber auch auf die Versicherheitlichung ganzer Lebensbereiche. Hier gelte es, dass gesamtstaatliche Resilienz nötig sei, um einer Störung staatlicher und gesellschaftlicher Strukturen durch eine Desinformation zu verhindern.


Auch in der abschließenden Fragerunde zeigte die Beteiligung, dass dieses Thema Diskussionsbedarf aufweist, u.a. diskutierten die Teilnehmenden über die Zusammenhänge zwischen dem Senden und Empfangen von Informationen, nationale Operationen im Informationsraum, der Umgang mit Informationen in autoritären Regimen, sowie das Aufbrechen von Informationsblasen.


Alle weiteren spannenden Details des Online-Seminares könnt ihr auf unserem YouTube-Kanal nachschauen: https://youtu.be/UASc-hrOD2g.
Unser nächstes Online-Seminar zum Thema “Nukleare Teilhabe in Europa: Wie kann es weitergehen?” findet am 18.02.2021, ab 17:30 Uhr mit Dr. Moritz Kütt vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH) statt. Registrierungen sind hier möglich.