Online-Seminarreihe: Sicherheitspolitik im Eis – unterschätzte Arktis?

Keine Region der Welt hat sich während der letzten 50 Jahre aufgrund des Klimawandels so stark erwärmt wie die Arktis. Diese Entwicklung hat globale Bedeutung für die internationale Gemeinschaft, Ökosysteme, Ressourcennutzung und Lebensstile. Auch auf sicherheitspolitischer Ebene werden die Folgen kontrovers diskutiert, diesen widmeten wir uns vom 13. bis 15. Juli 2020.

Die dreitägige Online-Seminarreihe des Bundesverband Sicherheitspolitik an Hochschulen (BSH), in Kooperation mit dem Zentrum Informationsarbeit der Bundeswehr (ZInfoABw), widmete sich den sicherheitspolitischen Herausforderungen in der geopolitischen Arena der Arktis. 30 Studierende und junge Graduierte verschiedenster Fachrichtungen diskutierten gemeinsam mit den Referenten Dr. Michael Paul (Stiftung Wissenschaft und Politik), Dr. Christoph Humrich (Universität Groningen) und Fregattenkapitän Jörg-Dietrich Nackmayr (NATO Centre of Excellence for Operations in Confined and Shallow Waters). Die inhaltlich diversen Einblicke der Referenten aus wissenschaftlicher Forschung und Praxis, motivierten zu kontroversen Diskussionen der regionalen Dynamiken.

 

Die durch das schmelzende Eis in der Arktis zugänglichen Seewege ermöglichen einen erweiterten Zugang zu Ressourcenbeständen. Auch dadurch haben in den letzten Jahren insbesondere die Akteure USA, Russland und China ihre sicherheitspolitischen Ambitionen neu definiert. Während die US-Regierung unter Obama die internationale Zusammenarbeit und Konfliktfreiheit förderte, weicht die Trump Regierung weitestgehend von einer kooperativen Arktispolitik ab und wirft den Akteuren Russland und China verstärktes militärisches Engagement in der Arktis vor. Sehr unterschiedliche Einschätzungen gab es zum Auftreten Russlands. Während einerseits argumentiert wurde, dass Russland sich, anders als andere Anrainerstaaten, mit seinen Forderungen in den Verhandlungen zurückhalte, wurde ebenso dessen verstärktes militärisches Engagement hervorgehoben. China, welches im Rahmen der Belt and Road Initiative (BRI) auch das Nordpolarmeer als wichtigen Korridor betrachtet, sieht sich selbst als „Fast-Arktisstaat“. Betont wurden die intensiven chinesisch-isländischen Beziehungen, sowie chinesische Einflussversuche durch Investitionen in Grönland. Die strategische Rolle Grönlands sei jedoch sowohl durch China, als auch durch die USA umworben.

 

Bislang war die Arktis von einem hohen Maß an Kooperation geprägt. Grenzstreitigkeiten wurden weitestgehend bilateral beigelegt. Auch das Forum des Arktischen Rats trug maßgeblich zu einer friedlichen Kooperation bei. Dieses dient der Diskussion regionaler Fragen zu Umweltschutz und nachhaltiger Entwicklung. Sicherheitspolitische Themen sind explizit ausgeschlossen, weshalb auch die Notwendigkeit einer arktischen Sicherheitsinstitution diskutiert wurde. Während einige der Referenten die Mandatserweiterung des Arktischen Rats um militärische Sicherheit unterstützen, wurde von anderen explizit davor gewarnt, die bestehende friedliche Zusammenarbeit aller Parteien aufs Spiel zu setzen. Als wahrscheinlichstes Konfliktszenario wurde daher eine unerwünschte Eskalation eines “Zwischenfalls” durch die aufgeheizte Großmachtkonkurrenz zwischen Russland und den USA eingestuft. Riskant für die Arktis seien insbesondere außer-arktische Spannungen durch nationale Politisierung und Perzeptionswandel. Ein aktuelles Konfliktszenario mit der Arktis als Austragungsort wurde jedoch als unwahrscheinlich eingeschätzt. Eingewendet wurde außerdem, dass gerade in ressourcenreichen Gebieten Einigkeit und Rechtssicherheit eine schnelle Konfliktbeilegung möglich mache. Sicher ist, dass Entwicklungen in der Arktis die gesamte internationalen Gemeinschaft betreffen und damit durch die breite Gesellschaft kontrovers diskutiert werden sollten.