Mit der Ankündigung der dauerhaften Stationierung einer deutschen Brigade in Litauen nimmt neben dem Sondervermögen der Bundeswehr die von Bundeskanzler Olaf Scholz diagnostizierte Zeitenwende weiter sichtbare Formen an. Sie ist Ausdruck einer proaktiveren Rolle Deutschlands. Doch wie wird darüber hinaus Deutschland im Bündnis wahrgenommen und reicht dies überhaupt aus? Mit dieser Leitfrage als Thema organisierten wir am 14. Dezember 2023 als Jahresabschluss eine Podiumsdiskussion an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Dazu luden wir Ben Hodges, den ehemaligen kommandierenden General der US-Army Europe, Saulius Gasiūnas, den Gesandten des Botschaftsrats für Sicherheits- und Verteidigungspolitik der litauischen Botschaft in Berlin und Jan Fuhrmann, den Vorsitzenden des Netzwerks Außen- und Sicherheitspolitische Bildung e.V., ein, die von Professor Dr. Gunther Hellmann als Moderator durch die Diskussion geführt wurden.
Mit der Bedeutung Deutschlands als Bündnispartner eröffnete zu Beginn der Diskussionsrunde Ben Hodges und bezeichnete Deutschland als den bedeutsamsten Verbündeten. Zugleich verwies dieser einleitend auf die nach dem Kalten Krieg einsetzende pazifistische Entwicklung Deutschlands und betonte, dass Deutschland bereits zuvor als Frontstaat im Kalten Krieg eine der fähigsten Armeen Europas gewesen sei und an dieses Wissen und diese Fähigkeiten angeknüpft werden könne. Aus heutiger Sicht, so Hodges weiter, liegt die Bedeutung Deutschlands vor allem in der geographischen Lage als logistische Drehscheibe. Auch Gasiūnas betonte Deutschlands wichtige Rolle als Akteur und Verbündeter. So führte dieser auch aus, dass das NATO-Bündnis auf Deutschland, vor allem im Hinblick einer fairen Lastenteilung, angewiesen sei. Fuhrmann zeigte zu Beginn seines Inputs verschiedene Elemente eines guten Verbündeten auf und resümierte, dass Deutschland ein verlässliches und engagiertes NATO-Mitglied und entsprechendes Handeln zunehmend feststellbar sei, aber dennoch das Bündnis noch stärker und mit mehr Tempo gestärkt werden solle.
Nach einer einleitenden Einschätzung skizzierte Hellmann das Szenario einer möglichen Wiederwahl Trumps in den USA. Diese, so Hodges, müsse Grund sein, sich in Deutschland und Europa bereits jetzt ausreichend auf das Szenario vorzubereiten und die europäische Abschreckung gegenüber Russland zu stärken. Für Litauen, so führte Gasiūnas weiter aus, werde die Beziehung zu Deutschland bei einer möglichen Wiederwahl Trumps ebenso und mindestens genauso bedeutsam bleiben. Um als Key Ally wahrgenommen zu werden, brauche es aber auch politische Führungsqualitäten. Fuhrmann führte dies weiter aus und argumentierte für eine starke und komplementär zur NATO agierenden EU, welche bei Fragen rund um Logisitc Hubs oder der Stärkung der europäischen Industriebasis gefragt sei. Es müsse dementsprechend alles getan werden, um einer künftigen US-Administration allerlei Gründe für den Austritt aus der NATO zu nehmen.
Nach dem Austausch an Argumenten und Standpunkten des Panels öffnete Hellmann die Diskussion dem Publikum, an welche sich eine breite Fragerunde mit weiteren Kommentaren anschloss. Dabei zeigte das Podium nochmals die Bedeutung des Krieges in der Ukraine auf und verdeutlichte, weshalb ein Sieg der Ukraine vor allem im Hinblick auf die künftige europäische Sicherheitsordnung sowie die regelbasierte Ordnung von enormer Bedeutung sei.
Wir bedanken uns ausdrücklich bei Professor Dr. Gunther Hellmann, den Mitgliedern der Podiumsdiskussion und dem Publikum für den gemeinsamen gelungen Jahresabschluss!