Ist die Ukraine ein fragiler Staat?

Am 04. Dezember 2018 veranstaltete die Hochschulgruppe für Außen- und Sicherheitspolitik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ihre zweite Podiumsdiskussion. Die Durchführung erfolgte mit freundlicher Unterstützung von Dr. Michael Kolkmann. Im Rahmen der obligatorischen Vorlesung im Basismodul „Systemanalyse und Vergleichende Politikwissenschaft" sollte das Thema „Fragile Staaten“ am konkreten Beispiel der Ukraine thematisiert werden. Dr. Kolkmann stellte der HSG zu diesem Zweck eine Stunde seiner Vorlesungszeit zu Verfügung. Um das Thema auf einer breiteren fachlichen Ebene beleuchten zu können, hatte die HSG Dr. Jana Windwehr aus dem Fachbereich Internationale Beziehungen eingeladen an der Diskussion teilzunehmen. 

 

Die Veranstaltung gliederte sich in 3 Abschnitte. Zunächst gab Dr. Kolkmann den Studierenden eine fachliche Einführung in das Thema der fragilen Staatlichkeit. Im zweiten Teil präsentierte Felix Neumann von der HSG eine kurze Einführung in den Ukrainekonflikt, in der er neben einer geografischen Konfliktanalyse auch die grundlegende Entwicklung des Konflikts zusammenfasste. Anschließend leitete er in die Diskussion über, in welcher er den Part des Moderators übernahm. 

 

In der Diskussion wurden zunächst verschiedene theoretische Ansätze zur Analyse fragiler Staaten beleuchtet. Im Fokus standen dabei die diversen Indizes mit denen Staatlichkeit beurteilt werden kann. Beginnend mit dem „Fragile State Index“ wurden Vor- und Nachteile von den beiden Diskutanten herausgestellt. Thematisiert wurden darüber hinaus der Demokratieindex vom „The Economist“, der Bertelsmann Transformationsindex und der Freedom House Index. Die zeitlichen Veränderungen in einem Staat ließen sich am besten mit dem Bertelsmann Transformationsindex darstellen, so Herr Dr. Kolkmann.. Bei allen Indizes sei jedoch zu beachten, dass zwischen vielen der abgebildeten Politikbereichen eine Interdependenz bestünde, sodass die Veränderung in einem Bereich auch Einfluss auf die anderen hätte. 

 

Bei der Anwendung auf das konkrete Beispiel der Ukraine stellte Frau Dr. Windwehr fest, dass beispielsweiseder Demokratieindex des „The Economist“ die Konzentration von Medien bei wenigen Oligarchen vernachlässige. Insgesamt sei die Ukraine noch weit davon entfernt als ein „Failed State“ zu gelten. Dies zeigen auch die Indizes, bei denen die Ukraine meist im Mittelfeld zu finden ist. Wichtig sei es, die positive Entwicklung der letzten Jahre zu fördern. Diese Aufgabe sieht sie klar auf Seiten der Europäischen Union: „Die Frage um die Zukunft der Ukraine wird uns die nächsten 2-3 Jahre intensiv beschäftigen.“ 

 

Am Ende bekamen die Studierenden die Chance Fragen an die beiden Dozenten zu stellen. Eine Frage aus dem Publikum betraf die Möglichkeit des Beitritts der Ukraine zur Europäische Union. Frau Dr. Windwehr merkte hierzu an, dass die damit verbundenen Risiken für die EU wohl zu groß seien. Wenn, dann könne eine solche Eingliederung nur in enger Abstimmung mit Russland erfolgen. Herr Dr. Kolkmann sieht größeres Potential in Kooperationsmöglichkeiten außerhalb des Systems der EU. Hierbei nahm er Bezug auf die Vorstellung eines „Europas der unterschiedlichen Geschwindigkeiten“. 

 

Wir möchten uns hiermit nochmal recht herzlich bei allen Teilnehmern für die angeregte Diskussion bedanken.