Queerness in der Bundeswehr - Wunschtraum oder Wirklichkeit?

Wie steht es um die Diversität in der Bundeswehr? Wie hat sich die Einstellung innerhalb der Bundeswehr gegenüber queeren Menschen verändert? Wieso kommt es auch heute noch zu Diskriminierungen innerhalb der Bundeswehr und was kann man dagegen tun? Darüber haben wir mit Sven Bäring, dem Vorsitzenden von QueerBW, gesprochen

Sven Bäring ist Bundeswehroffizier und Vorsitzender von QueerBw

BSH: Sven, du bist Vorsitzender des Vereins QueerBw, möchtest du uns einmal erläutern wer ihr seid und was ihr macht?  

 

Bäring: Wir sind die Interessenvertretung queerer Angehöriger der Bundeswehr. Queer ist dabei ein Sammelbegriff für alle Menschen, die nicht heteronormativ, also weder heterosexuell noch cisgeschlechtlich sind - homosexuelle Menschen, bisexuelle Menschen, inter- und  transgeschlechtliche Personen. Uns geht es darum, die Situation für diese Menschen zu verbessern, weil auch historisch in der Bundeswehr lange Zeit institutionelle Diskriminierung gegenüber diesen Menschen geherrscht hat. Wir haben uns in den 90er Jahren als inoffizielle Gruppe als „Bundesweiter Arbeitskreis schwuler Soldaten“ gegründet, dann 2002 formal gegründet als „Arbeitskreis Homosexueller Angehörige der Bundeswehr e.V.“ und seit 2020 sind wir unter dem Namen QueerBw unterwegs, mit dem wir zeigen möchten, dass wir alle Queers gemeinsam vertreten.

 

BSH: Du hast es gerade schon angesprochen, bis weit in die 1990er Jahre hinein wurden queere Menschen in der Bundeswehr strukturell diskriminiert und benachteiligt. Sie wurden teilweise unehrenhaft entlassen, nachdem sie sich geoutet hatten oder geoutet wurden oder durften keine Leitungspositionen einnehmen. Das hat sich dann gegen Ende der 90er Jahre, auf Druck der damaligen Opposition und einer Verfassungsbeschwerde, geändert. Allerdings gegen den ausdrücklichen Willen der damaligen Generalität. Das ist jetzt knapp 25 Jahre her. Du selbst bist 27 Jahre alt - wie viele Überreste von diesem Denken sind deiner Erfahrung nach in der Bundeswehr übrig geblieben?

 

Bäring: Man muss da ein bisschen differenzieren. Auf der einen Seite steht die  institutionelle Diskriminierung und diese, glaube ich, ist in weiten Teilen beseitigt. Aber durch die schrittweise Öffnung der Gesellschaft treten auch neue Themenfelder, wie zum Beispiel der dritte Geschlechtseintrag in den Fokus. Hier muss dann auch innerhalb der Bundeswehr reagiert werden und das passiert leider nicht so richtig. Seit 2018 gibt es diesen dritten Geschlechtseintrag und bis heute wird er diversen Personen in der Bundeswehr nicht zugestanden. Und das unter Anderem, weil das  Personalwirtschaftssystem, also das IT System, das Feld "Divers" nicht kennt. Es gibt darüber hinaus Vorschriften innerhalb der Bundeswehr, die kennen nur Männer und Frauen. Sei es die Anzugsordnung oder die zu erbringenden Sportleistungen. Und dort gibt es derzeit eine tatsächliche Benachteiligung von Personen diversen Geschlechts, da müssen wir nacharbeiten! Wenn wir die zweite Ebene betrachten, die persönliche Diskriminierung, dann erleben wir da eine gute Entwicklung. Wir müssen aber auch sehen, dass die Bundeswehr ein Arbeitgeber ist, der sein Personal extrem lange an sich bindet. Jede Führungskraft bei der Bundeswehr ist 20, 30 oder 40 Jahre bei der Bundeswehr. Und wer vor 30 Jahren in der Bundeswehr sozialisiert wurde, wurde eben noch in einer Bundeswehr sozialisiert, die Homosexualität als Ausschluss für eine Eignung zum Militärdienst gesehen hat und Homosexuelle nicht als Teil ihrer eigenen Gemeinschaft definiert hat. Und hier ist ganz viel Energie notwendig, um auch dort die inneren Werte zu wandeln und für Toleranz und Akzeptanz eine gewisse Sensibilität zu schaffen. Und da müssen wir noch ein ganzes Stück weitergehen. Deshalb ist ja eine Forderung von uns, dass eine verpflichtende Ausbildung zum Thema Diversität auf den Lehrplan gesetzt wird, um zu zeigen: Diversität bringt uns als Bundeswehr auch weiter.

 

BSH: Siehst du da in der Bundeswehr insgesamt aktuell ausreichend Bereitschaft?

 

Bäring: Die Bundeswehr hat 265.000 Angehörige und das heißt, es sind natürlich auch 265.000 verschiedene Meinungen in der Bundeswehr vertreten. Und wir sehen definitiv einen Großteil der Einheiten, die sich gerne mit dem Thema beschäftigen und uns als Verein wertschätzen. Fakt ist aber auch, dass wir bis heute immer wieder von Diskriminierungserlebnissen erfahren und es nun einmal Einheiten gibt, die sich gerade nicht mit den Vorurteilen oder Stigmata beschäftigen. Und genau da liegt der Nachteil einer freiwilligen Ausbildung bezüglich dieses Themas. Diejenigen Einheiten, die sich damit freiwillig beschäftigen, die sind relativ offen. Aber gerade dort, wo Probleme herrschen, will man sich nicht selbstständig mit dem Thema beschäftigen. Und da müssen wir ran mit einer verpflichtenden Ausbildung.

 

BSH: Ihr als Verein beratet schon seit einiger Zeit Soldat:innen und Angehörige der Bundeswehr die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung Diskriminierung und Ausgrenzung erfahren. Könnt ihr hier innerhalb der letzten Jahre eine Veränderung oder gar einen Rückgang der gemeldeten Fälle feststellen?

 

Bäring: Wir sehen eine Entwicklung dahingehend, dass beispielsweise das Thema Transgeschlechlichkeit an Interesse gewinnt. Es gibt immer mehr Personen, die sich mit dem Thema beschäftigen und auf uns zukommen. Generell lässt sich sagen, dass mit Blick auf unsere Hotline die Intensität natürlich abgenommen hat. Trotzdem erfahren wir immer noch im wöchentlichen Takt von Diskriminierungserlebnissen. Da erleben wir eine ganze Bandbreite von Fällen: seien es Kamerad:innen die Abneigung zeigen oder Ärzt:innen die keinen HIV-positiven Menschen einstellen wollen und den Ablehnungsbescheid verschicken, obwohl es ganz klar geregelt ist, dass dies unter bestimmten Voraussetzungen kein Ablehnungsgrund sein darf. Da gibt es also noch weiteren Handlungsbedarf und da müssen wir sensibilisieren und aufklären.

 

BSH: Du selbst hast davon berichtet, dass du deine Queerness in der Zeit deiner Grundausbildung noch versteckt hast. Möchtest du uns schildern warum? Welche Erfahrungen hast du selbst mit Diskriminierung innerhalb der Bundeswehr gemacht?

 

Bäring: Ich bin mit 18 Jahren zur Bundeswehr gekommen und wenn wir ehrlich sind, dann gibt es ein gewisses vorherrschendes Soldat:innenbild. Meine Mutter hat mir damals gesagt, dass ich das verschweigen sollte, weil sie Angst hatte, dass ich diskriminiert werde. Und dann kommt man als 18-jähriger aus der norddeutschen Provinz nach Fürstenfeldbruck - eine komplett neue Gegend. Ich kannte Niemanden. Und dann kommt man in eine neue Gemeinschaft von 20 Leuten im Zug und in der Bundeswehr hat man es als Alleingänger schwer. Man ist also darauf angewiesen, dass die Leute einen mögen. Und wenn man dann selbst das Bild hat, dass in der Bundeswehr Homophobie weiter vorherrscht, dann überlegt man sich das eben zwei, drei oder vier Mal, ob man sagt, dass man schwul ist. Irgendwann habe ich dann aber zu mir gesagt: "Ich bin Offizier der Bundeswehr. Ich möchte mit Vorbild führen und dazu gehört auch Authentizität“. Wir haben einen gewissen Selbstanspruch, aus der Inneren Führung, aus dem Grundgesetz, aus unseren eigenen Werten heraus. Und die sind ein offenes Leben, Akzeptanz und Respekt. Und die gilt es zu respektieren und zu achten.

 

BSH: Was ist deine Einschätzung: Wenn jetzt eine 18-Jährige queere Person in die Bundeswehr geht, glaubst du, dass Eltern immer noch dieselben Sorgen äußern würden, wie das deine Mutter getan hat?

 

Bäring: Das ist sehr schwierig einzuschätzen. Wir kriegen Anrufe von Queers, die sich bei der Bundeswehr bewerben wollen, aber nicht wissen, ob Homosexualität in der Bundeswehr erlaubt ist. Es ist mir ein Anliegen, an dieser Stelle zu betonen, dass 99 % der Menschen in der Bundeswehr mir mit viel Wertschätzung, mit Respekt und mit einem unglaublichen Support für unsere Themen begegnen. Das Problem ist dieses letzte Prozent an Leuten, die bis heute nicht begriffen haben, dass Vielfalt und Diversität zur Bundeswehr dazugehört. Da bleibt weiterhin viel Arbeit zu tun - für uns alle!

 

BSH: Wie wird generell innerhalb der Bundeswehr heute mit Diskriminierung umgegangen? Welche Anlaufstellen gibt es?

 

Bäring: Zunächst einmal gibt es das offizielle  Beschwerdesystem der Bundeswehr, welches natürlich  bei Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität genutzt werden kann. Da kann man sich an die oder denjenigen Disziplinarvorgesetzte/-n oder die Vertrauensperson wenden. Dann gibt es die Ansprechstelle für Diskriminierung und Gewalt in der Bundeswehr, die ist im Bundesministerium der Verteidigung angesiedelt. Zusätzlich gibt es natürlich die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages.

 

BSH: Ihr als Verein bietet eine 24h Beratungs- und Hilfehotline unter der Nummer 0800 – 2472238 an. Möchtest du uns einmal erläutern, wozu sie da ist und wer sich an Euch wenden kann?

 

Bäring: Die Hotline besteht jetzt bereits seit vielen Jahren und es geht uns dabei darum, ein niedrigschwelliges Angebot zu machen und die Möglichkeit einer Kontaktaufnahme ohne große Hürden zu erzeugen. Letztlich kann sich Jeder und Jede an uns wenden. Wobei die Hauptzielgruppe natürlich Betroffene sind, die Diskriminierungserfahrungen gemacht haben. Aber uns erreichen natürlich auch Fragen zu Transgeschlechtlichkeit in der Bundeswehr und wie eigentlich die Möglichkeiten zu einer Transition sind. Da stehen wir dann auch sehr gerne jederzeit beratend zur Verfügung und können natürlich auch aus unserer ganz persönlichen Erfahrung berichten.

 

BSH: Wie viel Vertrauen hast du in die politische und militärische Führung und ganz grundsätzlich in das “System Bundeswehr”, um diesem Thema nachhaltig zu begegnen?

 

Bäring: Ich wäre gerne zu 100 % überzeugt, dass es niemals einen Weg zurück gibt. Aber ein Blick in den Deutschen Bundestag zeigt, dass es politische Strömungen in der Bundesrepublik gibt, die uns nicht respektieren und die uns nicht mit den entsprechenden Grundrechten ausstatten möchten. Und da seien an dieser Stelle zwei Beispiele genannt: ein ehemaliger Oberstleutnant, mittlerweile auch ehemaliger Landtagsabgeordneter, der eine Kapitänsbinde, nur weil sie Regenbogenfarben hat, als „Schwuchtelbinde“ bezeichnet. Oder eine Landtagsfraktion, die fordert, dass Homosexuelle in Deutschland gezählt werden sollen. So etwas passiert auch noch im Jahr 2022. Umso wichtiger ist es, dass wir genau jetzt alles dafür tun, um die Entwicklungen und die gesellschaftlichen Errungenschaften, die wir haben, so fest zu zurren, dass sie nicht mit nur einer Ministerialverfügung zu beseitigen sind. Wir müssen das in den Köpfen und auf dem Papier verankern. Queerness wird beispielsweise bis heute nicht in Art. 3 des Grundgesetzes erwähnt. Mit dem neu geschaffenen Queer-Beauftragten der Bundesregierung muss das jetzt schnellstmöglich angegangen werden, sodass auch ein eindeutiger Diskriminierungsschutz auf verfassungsebene besteht.

 

BSH: Was muss sich aus Eurer Sicht zudem noch ändern?

 

Bäring: Wir sind der Meinung, dass wir es nur mit einer verpflichtenden Aus-, Fort- und Weiterbildung zum Thema Diversity schaffen, unsere Werte nachhaltig zu verankern. Zudem muss die Gleichstellungsbeauftragte zu einer Diversitybeauftragten weiterentwickelt werden, damit sich diese nicht mehr nur um die Gleichstellung von Mann und Frau, sondern für generelle Vielfalt und Gleichstellung einsetzen kann. Wir möchten, dass Diversity-Management künftig als ganzheitlicher Ansatz verstanden wird. Wir sind sehr stolz, dass eine unserer wichtigsten Forderungen, nämlich das Rehabilitierungsgesetz für Soldat:innen, mittlerweile erfüllt ist. Das war ein wichtiger erster Schritt. Nun geht es aber auch darum, dieses Gesetz kritisch zu begleiten und zu evaluieren. Und wenn wir sehen, dass ab dem Stichtag 3.07.2000 keine Fälle von institutioneller Diskriminierung rehabilitiert werden, dann gibt es unserer Meinung nach noch einiges zu tun. Da brauchen wir eine Übergangsvorschrift für diejenigen Menschen, die trotz der damals geänderten Vorschriften auch nach diesem Stichtag noch Diskriminierung erfahren. Und wir müssen uns die Frage stellen: wenn festgestellt wird, dass die Bundeswehr Jemanden diskriminiert hat und dieser Person ein Schaden zugefügt wurde, sind wir dann als Gesellschaft auch dazu bereit für diesen Schaden einzustehen? Oder möchten wir der Person tatsächlich nur 3.000 oder 6.000 € in die Hand geben und sagen: Jetzt passt das schon? Auch wenn diese Person dann jeden Monat einen Rentenbescheid erhält der nur deshalb so gering ist, weil sie aufgrund ihrer Queerness nicht mehr befördert wurde? Es gibt Fälle, in denen es um faktische Berufsverbote geht und dann darauf aufbauend massive Einbußen bei Pensionen und Renten. Wir sprechen hier von realen Schäden von bis zu 500.000 €. Und wir sprechen dabei mitnichten über fiktive Karrieren, sondern über reale Gehälter, die diesen Personen nur aufgrund ihrer sexuellen Orientierung nicht gezahlt wurden. Und wer das auch juristisch beweisen kann, der verdient eine Entschädigung ohne Obergrenze! 

 

BSH:Der Fall Anastasia Biefang wird dir bestens bekannt sein, da sie deine Stellvertreterin bei QueerBw ist. Wie hast du diesen Fall wahrgenommen und was bedeutet dieser Umgang mit Frau Biefang für Eure Arbeit?

 

Bäring: Natürlich ist mir der Fall bekannt. Die gesamte Situation, wie es zu dem Verfahren kam und natürlich das Verfahren selbst ist in meinen Augen eine Farce. Die wenigsten wissen, dass dieser Screenshot explizit dafür genutzt wurde, um Anastasia zu diffamieren. Da hat jemand das eigene Profilbild entfernt und anschließend den Screenshot von Anastasias Profil an alle Kamerad:innen geschickt. Die Absicht war also nicht eine rechtliche Einordnung des Verhaltens sondern das Bloßstellen einer Kameradin. Das verstößt eindeutig gegen Paragraph 12 des Soldatengesetzes.

Das Verfahren – und das kann mittlerweile jeder in dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts nachlesen – ist durchzogen von juristischen Fehlern. Auf 18 Seiten wird über 3 Zeilen Text analysiert. Meine Deutschlehrerin aus dem Abitur wäre stolz gewesen. Vor allem wird aber festgehalten, dass es eigentlich kein Problem gibt. Stattdessen wird darauf verwiesen, dass jemand unter Umständen etwas falsch verstehen könnte. Und dann schreibt das Gericht, dass man ja anstatt „All genders welcome“ auch „all … welcome“ lesen könnte. Das verfälscht absichtlich die Absicht und den Inhalt des Geschriebenen. Ich bin froh, dass die Gesellschaft für Freiheitsrechte gemeinsam mit Anastasia und uns dieses Thema nach Karlsruhe bringt!

Für uns bedeutet das, eine Menge Arbeit mit dem Ministerium. Das BMVg muss nun proaktiv dafür sorgen, dass zukünftig das Privatleben von Soldat:innen keine Zielscheibe für Queerfeindlichkeit mehr ist. Dazu stehen wir im engen Austausch mit den entsprechenden Stellen.

 

BSH:Erst kürzlich machten wieder Schlagzeilen über rechtsradikale “Wehrsportgruppen” innerhalb der Reserve der Bundeswehr die Runde. Ermittlungen gegen Neonazis innerhalb der Bundeswehr häufen sich seit einigen Jahren und von Einzelfällen kann man sicherlich nicht mehr sprechen.Berichte zeigen uns, dass die Gesinnungen dieser Personen viel zu häufig und viel zu lange toleriert oder ignoriert wurden. Wie beurteilt Ihr als Verband den bisherigen Umgang der Bundeswehr mit solchen Personen und Strukturen und was bedeutet das auch für queere Menschen und für Euren Verband?

 

Bäring: Wie der Umgang mit Rechtsextremismus ist, haben andere Stellen zu beurteilen. Dafür gibt es entsprechende Untersuchungen auf verschiedensten Ebenen. Aber natürlich  ist jeder Fall von Rechtsextremismus ein deutliches Zeichen in Richtung von queeren Menschen in der Bundeswehr und jeder Fall bedrückt uns. Es ist kein Geheimnis, dass Rechtsextremisten von uns nichts halten - die verachten uns. Dementsprechend ist es natürlich extrem besorgniserregend. Ich bin der Meinung, dass wir eine offene und tolerante Gesellschaft sind. Wir leben in einer vorzüglichen Demokratie und ich diene in dieser demokratischen Gesellschaft in einer Parlamentsarmee. Ich kann nicht verstehen, wie man ernsthaft gegen Demokratie, gegen Frieden, gegen Respekt und Toleranz sein kann. Diese Leute haben einfach nichts in der Bundeswehr zu suchen. Diese Personen gehören sofort entlassen und jedem Verdacht muss gründlich und konsequent nachgegangen werden. Rechtsextremisten dürfen in den deutschen Streitkräften nicht dienen, erst recht nicht an Waffen. Und da ist natürlich die Bundeswehr und das Bundesministerium der Verteidigung gefordert, mit aller Härte gegen Rechtsextremisten vorzugehen.

 

BSH:Das oberste Ziel des BSH ist die sicherheitspolitische Bildungsarbeit innerhalb der deutschen Hochschullandschaft und bisher haben wir queeren Themen innerhalb der Sicherheitspolitik vergleichsweise wenig Beachtung geschenkt. Wir sind ein Teil der “Sicherheitspolitischen Blase” in Deutschland -  sind wir die einzigen die hier was verpennt haben oder erkennst du da grundsätzlichen Nachholbedarf? 

 

Bäring: Ich glaube, dass es wichtig ist, in der Gesellschaft Aufmerksamkeit für das Thema zu erzeugen und zu zeigen, dass wir mit mehr Diversität auch einfach einen Vorteil erreichen. Mit Menschen, die wir respektieren und anerkennen werden wir bessere Leistungen erbringen. Dafür müssen wir die Gesellschaft sensibilisieren. Aber das haben wir noch nicht ausreichend getan. Wir erleben es an verschiedenen Stellen, dass das Thema manchmal ein bisschen stiefmütterlich betrachtet wird. Nicht nur bei der Bundeswehr, sondern gesamtgesellschaftlich - ihr seid also keine Ausnahme.

 

BSH:Welche Zukunft des Themas wünschst du dir innerhalb der Bundeswehr, aber auch innerhalb der deutschen sicherheitspolitischen Debatte?

 

Bäring: Ich wünsche mir, dass ich diesen Verein auflösen kann. Ich wünsche mir, dass es keine Rolle spielt und es wirklich niemanden auch nur marginal interessiert, wen ich liebe. Da sprechen wir aber über einer Utopie. Ich wünsche mir eine Bundeswehr, die mich respektiert und die sich darum kümmert, dass es nachhaltig möglichst nicht mehr zu Diskriminierungen jeglicher Art kommt bzw. Diskriminierungsfälle sanktioniert und aufgearbeitet werden. Ich wünsche mir eine Bundeswehr, die unsere Gesellschaft widerspiegelt und uns als Menschen so akzeptiert, wie wir sind. Ich wünsche mir einen toleranten und respektvollen Arbeitgeber, der uns alle empowert und dazu sehe ich auch in der Bundeswehr viel Potential!

 

BSH: Lieber Sven, vielen Dank für das Gespräch!