Sicherheitsarchitektur im Indopazifik - Podiumsdiskussion

Am 12. Juni 2023 veranstaltete die Hochschulgruppe Internationale Sicherheitspolitik (Erfurt) in Kooperation mit dem Fachschaftsrat der staatswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Erfurt ihre erste öffentliche Podiumsdiskussion.

Zu diesem Anlass durften wir Prof. Axel Berkofsky, Associate Professor an der Universität Pavia und Co-Head des Asia Centre am Instituto per gli Studi di Politica Internazionale, Dr. Felix Heiduk, Forschungsgruppenleiter der Forschungsgruppe Asien bei der Stiftung Wissenschaft und Politik und Boas Lieberherr, Senior Researcher im Global Security Team am Center for Security Studies der ETH Zürich auf dem Panel begrüßen. Es moderierte Nicolás Heck.

Die Forschungsschwerpunkte der drei Experten definierten den thematischen Rahmen der Podiumsdiskussion, der hier in Kürze und unter grober Auslassung der interessanten und detailreichen Ausführungen der drei Experten nachgezeichnet werden soll. Nach einer historischen Einordnung des Konzepts des Indopazifiks durch Dr. Heiduk als schon immer weniger geographisches und mehr geopolitisches Konzept von Konkurrenz um Einflusssphären im Raum des indischen Ozeans und südostasiatischen Teil des Pazifiks insbesondere zwischen China und einem US-dominierten System, dem Nabe-und-Speichen-System, führte Herr Lieberherr einige Entwicklungen, die die heutige regionale Sicherheitsarchitektur maßgeblich prägen, unter vier Stichpunkten weiter aus: eine Verschiebung von einer wirtschaftlich- zu einer sicherheitsdominierten Agenda, von einem Bottom-up-zu einem Top-down-Regionalismus, von Multilateralismus zu Minilateralismus, und eine stärkeren Exklusion Chinas. Diese Entwicklungen wurden im Folgenden teils kontrovers diskutiert. So beschrieb der Japan-Experte Prof. Berkofsky in den letzten Jahren erhöhte Investitionen in die japanischen Selbstverteidigungskräfte motiviert durch eine verstärkte Bedrohungswahrnehmung nicht mehr vorrangig durch Nordkorea, sondern verstärkt auch durch China, in diesem Sinne sei auch die von Japan 2007 gestartete Free and Open Indopacific Initiative als Teil einer Eindämmungsstrategie gegen China zu verstehen.

Eine komplexere Interessenlage im strategischen Indopazifik skizzierte Herr Lieberherr für Indien, das durch seine lange Landgrenze mit China ein Schlüsselakteur im Konzept des Indo-Pazifiks sei, wobei die Eskalation des Territorialkonflikts 2020 um ebendiese Grenze Indien zu einer stärkeren Positionierung gegen China als vorher bewogen habe genauso wie zu einer stärkeren Annäherung an die USA. Allerdings sei Indiens primäre Interessensphäre der indische Ozean, sodass beispielsweise im Quad (Quadrilateral Security Dialogue) Indiens Interessen und die der USA, Japans und Australiens bisweilen stark divergieren, wobei der Quad überhaupt erstmal ein Forum ist, in dem Indien seine Interessen stark einbringen könne.

Im Weiteren wurden die Folgen einer sicherheitspolitisch noch vorhandenen, wirtschaftlich aber schwindenden bzw. verschwundenen US-Hegemonie diskutiert, wodurch einige der südostasiatischen Staaten zwar das amerikanische Interesse teilen, Chinas Expansionismus einzudämmen, sich aufgrund der meist starken wirtschaftlichen Abhängigkeit von China aber nicht gegen China positionieren können oder wollen. Auch die ASEAN wurde konsensual als sicherheitspolitisch wenig handlungsfähig gegen China bewertet. Etwas kontroverser entwickelte sich die Diskussion um mögliche Eskalationspotentiale beispielsweise einer direkten Konfrontation zwischen den USA und China, der Territorialkonflikte im südchinesischen Meer oder der Konflikt um Taiwan.

Insgesamt bedanken sich die HSG Internationale Sicherheitspolitik und der Fachschaftsrat der staatswissenschaftlichen Fakultät an der Uni Erfurt bei den drei Gästen für eine sehr interessante und angeregte Diskussion, über eine Region, die trotz ihrer geopolitischen Bedeutung auch über Taiwan hinaus erst langsam in den Fokus des breiteren sicherheitspolitischen Diskurses in Deutschland gerückt ist, wozu diese Veranstaltung einen bescheidenen Beitrag zu leisten versuchte.