Thematischer Stammtisch: Der Mali-Konflikt

Am 29. Januar 2020 lud die HSG Kiel zum zweiten thematischen Stammtisch im neuen Jahr zu einem regen Austausch über den aktuellen Mali-Konflikt ein. Damit wurde inhaltlich an den vergangenen Stammtisch angeknüpft, diesmal stand jedoch die vertiefende Auseinandersetzung mit dem Einsatzland Mali im Fokus. Zu Gast war Robin Schroeder, Leiter der Abteilung Konfliktanalyse und Internationales Krisenmanagement am Kieler Institut für Sicherheitspolitik (ISPK) sowie erster Civil Advisor der MINUSMA in Gao, der uns einen detaillierten Einblick in die Situation in Mali gegeben hat.

 

Einleitend skizzierte Robin Schroeder den Verlauf des Mali-Konflikts, angefangen bei dem Gewaltausbruch im Jahr 2012. Hierbei beleuchtete er auch Hintergründe sowie zeitlich parallele Entwicklungen in der Sahelregion und ging auf die zentralen am Konflikt beteiligten lokalen, nationalen sowie internationalen Akteure ein. Anschließend erläuterte er, die bestehenden große Differenzen zwischen den Bevölkerungsgruppen im nördlichen und jenen im südlichen Landesteil. So steht eine nomadische beziehungsweise semi-nomadische Lebensweise der vorrangig arabisch-stämmiger Bevölkerung im Norden einer Siedlungskultur überwiegend schwarzafrikanischer Menschen im Süden gegenüber. Diese Lebensformen sind nicht zuletzt Ergebnis unterschiedlicher vegetativer und klimatischer Bedingungen, die wiederum Einfluss auf die wirtschaftliche Lage der Regionen nehmen. Betont wurde auch die Bedeutung der Geschichte für den aktuellen Mali-Konflikt. Die jahrzehntelange Versklavung insbesondere der schwarzafrikanischen Mande-Völker, zu denen auch die Bambara als größte Bevölkerungsgruppe Malis gehören, durch die Tuareg und Mauren ist nur einer von mehreren historischen Faktoren, der bis heute die Beziehungen der in Mali lebenden ethnischen Gruppen prägt.

 

Die Vielzahl der am Konflikt beteiligten Akteure, einhergehend mit zunehmender Fragmentierung insbesondere nicht-staatlicher bewaffneter Gruppierungen sowie der Bildung von sich stetig wandelnden Ad-hoc-Koalitionen zur Erreichung konkreter Ziele führt zu einem überaus undurchsichtigen Konfliktszenario. Hinzu kommt die bedeutende Rolle des Drogenschmuggels über die Sahelzone, wobei die Schmuggel-Route durch die nordmalische Stadt Gao führt, die zudem Standort ziviler und militärischer Kontingente der MINUSMA ist. Dementsprechend ist neben nicht-staatlichen bewaffneten, teilweise islamistisch, teilweise separatistisch motivierten Gruppen auch ein Teil der Stadtbevölkerung von Gao in Strukturen organisierter Kriminalität verwoben. Für deren wirtschaftliche Situation sind die illegalen Geschäfte, einschließlich des Menschenschmuggels nach Europa, von zentraler Bedeutung.

 

Darüber hinaus thematisierte Robin Schroeder, dass sich im Laufe der Zeit eine ‚Ethnisierung‘ des Konflikts vollzogen habe, die sich unter anderem an den jüngsten, besorgniserregenden, gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen Gruppen  in Zentralmali zeigt. Ein weiterer Fokus des Vortrags lag auf der UN-Stabilisierungsmission MINUSMA. Hier wurden die Mandatierung, der Auftrag und Ziele skizziert sowie darüber hinaus die zentralen Herausforderungen der UN-Truppen in Mali, insbesondere in Abgrenzung zu der mit einem Kampfauftrag ausgestatte „Barkhane“-Mission Frankreichs.

 

Es wurden überaus viele Fragen aus dem interessierten Publikum gestellt, die die Grundlage für die anschließende interessante und lebendige Diskussion bildeten. Wir danken allen Teilnehmenden und ganz besonders unserem Referenten Robin Schroeder für die rege Diskussion und engagierte Teilnahme. Wir wünschen viel Erfolg für die bevorstehenden Klausuren, eine schöne vorlesungsfreie Zeit  und freuen uns schon sehr auf die Auftaktveranstaltung im Sommersemester!