Thematischer Stammtisch: Europas Sicherheit zur See

Im Rahmen eines thematischen Stammtischs am 18. November 2019 freute sich die Hochschulgruppe über den Besuch von Julian Pawlak, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am renommierten Kieler ISPK, der uns in seinem Vortrag das Thema „Europas Sicherheit zur See“ näherbrachte.

 

Am Beginn des 20minütigen Inputs stand die Feststellung, dass europäische Sicherheit zur See keineswegs geographisch auf die Küstenmeere begrenzt ist. Vielmehr können die Meere, die in Analogie zum Internet alles mit allem vernetzen, im Zeitalter globaler Handelsströme kaum mehr räumlich abgegrenzt betrachtet werden. Vor diesem Hintergrund konnten drei entscheidende Elemente herausgearbeitet werden: Erstens müssen die europäischen Verteidigungsfähigkeiten schon in den angrenzenden Gewässern gestärkt werden. Im Kontext der Unterscheidung von Security und Safety komme es hier ganz besonders auf eine bessere Vernetzung der Akteure – Streitkräfte, Küstenwachen, zivile Organisationen – an. Zweitens gilt es, die Awareness für den Sachbereich Logistik, der kaum in der öffentlichen Aufmerksam steht, zu steigern. Gerade hier ist die europäische Abhängigkeit von Trumps Amerika enorm und vor allem in Deutschland sei hier noch viel zu tun, etwa im Hinblick auf die Nutzbarmachung ziviler Kapazitäten. Drittens liegt es im europäischen Interesse, auch in gefährdeten Seewegen (wie etwa der südchinesischen See) Präsenz zu zeigen, um jederzeit für die freedom of navigation (UN-Seerechtsübereinkommen) einzustehen, denn hier drohe punktuell zunehmend die Etablierung eines „mare clausum“ und die Rückkehr zum „Recht des Stärkeren“. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass vor allem wegen der ausgeprägten Abhängigkeit der großen europäischen Wirtschaftsnationen von freien Seewegen die Entwicklung eines „gemeinsamen Euro-Realismus“ in der sicherheitspolitischen Auseinandersetzung über die See notwendig sei.

 

In der anschließenden regen Diskussion, die sich über weit mehr als eine Stunde erstreckte, wurde zunächst festgehalten, dass sich eine Verschiebung des Diskurses in Deutschland, eine Wahrnehmung der entsprechenden Probleme zumindest langsam andeute. Die Bundesrepublik müsse ihrer wirtschaftlichen Stärke entsprechend auch bei einer Integration des Verteidigungssektors vorangehen. Bislang sind in Praxis und Beschaffung, auch vor dem Hintergrund der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit, aber allenfalls kleine „Kooperationspflänzchen“ zu beobachten. Selbst bei Einigkeit bezüglich einer Bedrohungswahrnehmung, wie etwa bei den drei baltischen Staaten mit Blick auf Russland, gelinge es kaum, Kooperation in der Beschaffung, aber auch täglichen Geschäft zu implementieren. Schließlich setzte die Diskussion der Teilnehmenden auch zu einem größeren sicherheitspolitischen Rundumschlag an, in der es um die Rolle der Türkei in der NATO oder die Abgrenzung zwischen dem Bündnis und der Europäischen Union ebenso ging wie um die Arbeit und den Impact des ISPK.

 

Wir danken allen Teilnehmenden und besonders unserem Referenten Julian Pawlak für die engagierte Teilnahme und freuen uns schon jetzt auf den nächsten thematischen Stammtisch!