Veranstaltungsbericht: Globale Ernährungssicherheit

Am 12.04.2023 lud die Hochschulgruppe Kiel zum Vortrag "Ernährungssicherheit in der Zeit des Ukrainekriegs" in das renommierte Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) ein. Als Referent konnte Hendrik Mahlkow, Agrarökonom und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am IfW, gewonnen werden.

Herr Mahlkow beschäftigt sich unter anderem mit Fragen globaler Ernährungssicherheit und ist darüber hinaus ein gefragter Experte für die Wirkungszusammenhänge westlicher Sanktionen gegenüber Russland.  

 

Der Referent eröffnete den Vortrag mit einem Überblick über das Konzept der Ernährungssicherheit und ohnehin bestehende globale Herausforderungen wie Bevölkerungswachstum, die mannigfaltigen Folgen des Klimawandels, aber auch die disruptiven Effekte der Covid19-Pandemie. Vor dem Hintergrund einer ohnehin angespannten Situation stelle der kriegsbedingte Ausfall wichtiger landwirtschaftlicher Ressourcen einen enormen Stressfaktor für die globale Lebensmittelversorgung dar: Nicht nur sei die Ukraine ein wichtiger Lebensmittelexporteur (u.a. von pflanzlichem Öl, Weizen, Gerste, Mais und Soja); auch Russland spiele, insbesondere als Exporteur von Düngemitteln und indirekt als Energielieferant für Produktion und Transport, eine kritische Rolle für die globale Agrarwirtschaft. Besonders problematisch sei dabei, dass einige vulnerable, importabhängige Länder (etwa in Afrika) überproportional getroffen würden – eine Dynamik, die eine Vielzahl weiterer sicherheitspolitischer Implikationen für politische Instabilität, Verteilungskonflikte und irreguläre Migration mit sich bringen könnte. Auch zweifellos bedeutsame Initiativen wie das sogenannte „Getreideabkommen“ zur sicheren Ausfuhr über ukrainische Häfen lösten das grundsätzliche Problem des erheblichen Produktionsrückgangs nicht (2022: -33%, bei der Aussaat sogar -40%). Konsequenz von Unsicherheit, Produktionsrückgang und Exporthindernissen seien schließlich ein globaler Versorgungsengpass und erhebliche Preisschwankungen auf den Weltmärkten. Die von einigen Ländern (wie Indien) als Reaktion erlassenen Exportbeschränkungen ihrer eigenen Agrarprodukte würden die Lage auf globaler Ebene noch zusätzlich anheizen. Für die grundlegende Sicherung und Verbesserung globaler Ernährungssicherheit spiele der gleichberechtigte Marktzugang aber auch gegenüber der westlichen Welt gerade für Entwicklungsländer eine entscheidende Rolle. Langfristig führe – schon ohne Krieg in der Ukraine – kein Weg an einer erheblichen Steigerung der globalen Lebensmittelproduktion vorbei. Diesen Bedarf mit einer nachhaltigen Umwelt- und Klimapolitik zu vereinen, dürfte wohl eine entscheidende – letztlich auch sicherheitspolitische – Herausforderung unserer Zeit sein.  

 

Wir danken Herrn Mahlkow herzlich für den lehrreichen Vortrag, der den Blick über den sicherheitspolitischen Tellerrand hinaus noch einmal geschärft hat – und natürlich für die ausführliche Beantwortung der vielen Fragen aus dem Publikum.