Von der Erforschung des Irregulären – IV. Sicherheitspolitische Aufbauakademie zum Thema Terrorismus

Vom 25. bis 28. Oktober 2013 kamen im Adam-Stegerwald-Haus in Königswinter die Teilnehmer der IV. Sicherheitspolitischen Aufbauakademie des Bundesverbandes Sicherheitspolitik an Hochschulen (BSH) in Kooperation mit der Jakob-Kaiser-Stiftung zusammen, um sich wissenschaftlich und interdisziplinär mit Terrorismus auseinanderzusetzen. Dazu betrachteten sie das Phänomen von allen Seiten wie links und rechts und betraten mit dem Thema Cyberterrorismus sogar Neuland.

„Wie lässt sich Terrorismus definieren?“ Mit dieser Aufgabe stieg die Gruppe von zwanzig Studentinnen und Studenten aus dem ganzen Bundesgebiet inhaltlich in die nunmehr vierte Akademie zur Vertiefung sicherheitspolitisch relevanter Fragestellungen ein. Dass dies nicht allgemeingültig beantwortet werden kann, stellten die Teilnehmer in der anschließenden Gruppenarbeit heraus. So diskutierten sie die Probleme einer fehlenden einheitlichen Definition vor dem Hintergrund schwieriger strafrechtlicher Verfolgung und Sanktionierung durch Staaten oder Verbünde dieser.

 

Mit dem medial vorherrschenden Thema des islamistischen Terrorismus begannen am Samstag die ersten Themenvorträge. Dazu leitete der Beauftragte für die Sicherheitspolitische Aufbauakademie Floyd Mecklenburg mit einer allgemeinen Vorstellung der fundamentalistischen Auslegung des Islam, des sog. Islamismus, ein und erläuterte Entstehungsgeschichte, grundlegende Begrifflichkeiten und heutige Erscheinungsformen. Darauf aufbauend stellten Jan Kupka und Alexander Möckesch, Masterstudenten am Centrum für Nah- und Mittelost-Studien Marburg, das Phänomen der selbstradikalisierten Einzeltäter vor. In Zeiten grenzenloser Kommunikation finden diese im Internet einfache Antworten auf Probleme unserer Zeit, die mit islamistischem und in letzter Stufe gewaltverherrlichendem Gedankengut unterfüttert sind. Damit einher gehen praktische Anleitungen zum Bombenbau oder der Handhabung eines Sturmgewehrs, wodurch eine Ausbildung vor dem heimischen PC und nicht mehr in entlegenen Terrorcamps erfolgt.

 

Wie das Produkt dieses Trends aussieht zeigte danach Nils Metzger, Redakteur bei der Orientzeitschrift Zenith. Metzger war selbst in den syrischen Bürgerkrieg gereist und hatte direkte Einblicke in einen islamistischen Kampfverband. Abgerundet wurde der Vortrag mit Bildern und Videos von seiner Reise sowie Einschätzungen zum Fortgang des Konflikts, die er mit den anwesenden jungen Sicherheitspolitikern diskutierte.

 

Der letzte Vortrag des Tages bedeutete thematisches Neuland. Stefan Schumacher, Direktor des Magdeburger Instituts für Sicherheitsforschung, klärte über den sogenannten Cyberterrorismus auf. Im Vorfeld war dieser von den Teilnehmern als neue Art des Terrorismus bereits diskutiert worden und Schumacher konnte die vielen Fragezeichen bei den vornehmlich anwesenden Politikwissenschaftlern mit informationstechnischen Details nun klären. Cyberterrorismus sei keine neue Welle, sondern mit anarchistischem beziehungsweise sozialrevolutionärem Terrorismus zu vergleichen, ein gezielter Einsatz lasse sich höchstens von Staaten ausgehend feststellen. Ob der sogenannte Staatsterrorismus analog auch von Konzernen verübt werden könne, die sich vornehmlich dem Internet bedienen würden, beschäftigte die Gruppe dann bei der abschließenden Diskussion.

 

Dass die Teilnehmer der Aufbauakademie mit ihren Überlegungen nicht alleine sind, berichtete ihnen am Sonntag Dr. Stephan Humer, Vorsitzender des Berliner Vereins Netzwerk Terrorismusforschung. Nach der Vorstellung des interdisziplinären Forschungsnetzwerks zum sicherheitspolitischen Thema Terrorismus stellte er seine eigene Forschung vor, das Aufspüren devianten Verhaltens in sozialen Netzwerken. Dabei konnten die Studierenden erfahren, wie dieses Verfahren in einigen Ländern bereits angewandt wird, welche Erfolgschancen es verspricht und wie man sich davor schützen kann. Die ethischen Dimensionen einer solchen Forschung befeuerten die anschließende Diskussion, die einmal mehr Raum für das kritische Hinterfragen vorherrschender Sicherheitsdogmen bot.

 

Weg vom Altbekannten und hin zum Neuen war auch das Thema des letzten Fachvortrags am Montag. Dr. Stefan Kestler vom Bundesamt für Verfassungsschutz Köln klärte über Rechtsextremismus und –terrorismus auf und erläuterte die Trends. Dass sich die Szene von Stammtischgesprächen Ewiggestriger oder einer politischen Partei hin zu einer erlebnisorientierten Jungendkultur der sogenannten Autonomen Nationalisten entwickele und sich sogar offen Symboliken und Verhaltensweisen verfeindeter, aber erfolgreicherer Gruppen bediene, wurde den Teilnehmern mit vielen eindrucksvollen Beispielen aus dem Alltag der Verfassungsschützer demonstriert. Was den Nationalsozialistischen Untergrund aus- und anders machte und letztlich zum Versagen der Sicherheitskräfte führte, beschäftigte die Studierenden noch bis in die zusammenfassende Abschlussdikussion des Seminars.

 

Der Sinn der Sicherheitspolitischen Aufbauakademie ist neben dem Erlangen von neuem Wissen auch das Verbreiten desselbigen durch die studentischen Mittler. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, wurden die Teilnehmer am Sonntag zusätzlich vom ADLAS-Redakteur Marcus Mohr im journalistischen Schreiben geschult. Da das aus der Universität gewohnte wissenschaftliche Schreiben oft schwer verständlich ist, übte die Gruppe zusammen mit dem erfahrenen Journalisten das ansprechende Formulieren sicherheitspolitischer Texte.

 

Beflügelt von den vielen neuen Einblicken wurden zum Schluss Essaygruppen gebildet, um die Inhalte des Seminars in Heimarbeit nocheinmal zu vertiefen und mit dem neu erlernten Handwerkszeug der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.